“Arbeitsprogramm des Senats“ nennt politische Ziele. Opposition vermisst Aussagen zur Finanzierung. CDU: “Gefährlich für Hamburg“.

Hamburg. In einem Koalitionsvertrag vereinbaren die Parteien üblicherweise, was sie politisch in einer Legislaturperiode umsetzen wollen. In Zeiten der SPD-Alleinregierung fehlt ein solches Papier aus naheliegenden Gründen. Mit dem "Arbeitsprogramm des Senats" haben die Sozialdemokraten nun für eine Art Ersatz gesorgt.

"Das Arbeitsprogramm dient der Festlegung zentraler Ziele des Senats und der Steuerung der Behörden", heißt es in dem Text. Auf 38 Seiten haben die Autoren neben Selbstverständlichkeiten und Unverbindlichem auch einige konkrete Festlegungen getroffen. Dazu zählt der forcierte Ausbau der Schulen in Richtung Ganztagsbetrieb. "Schon zum Schuljahr 2011/12 sollen weitere 21 Grundschulen zu Ganztagsschulen entwickelt werden", schreibt der Senat. Bislang werden bereits die Kinder an 56 der 200 Grundschulen über 13 Uhr hinaus unterrichtet. Wie bereits berichtet, will der Senat auch allen 25 Stadtteilschulen, die noch nicht ganztägig arbeiten, den Ausbau anbieten. Insgesamt gibt es 53 Stadtteilschulen.

Um den Schulbesuch konsequent durchzusetzen, denkt der Senat darüber nach, "die Verhängung von Bußgeldern gegen die Eltern" von Schulschwänzern einzuführen. Der Senat will jungen Menschen ohne Abschluss, die "einige Jahre in Hamburg gelebt" haben, das Recht einräumen, den Hauptschulabschluss nachzuholen - "auch tagsüber". Dazu soll ein Angebot an einer allgemeinbildenden Schule geschaffen werden. An den Kosten sollen sich die Agentur für Arbeit und team.arbeit.hamburg beteiligen. "Das Vorhaben soll im Sommer 2012 beginnen."

Der Senat bekennt sich zum Bau der HafenCity-Universität (HCU) und zum Neubau der Stadtentwicklungs- und Umweltbehörde in Wilhelmsburg - beides in der SPD eher ungeliebte Projekte. Beide Vorhaben seien so weit fortgeschritten, dass sie nicht mehr gestoppt werden könnten. "Über die Nutzung des Bürogebäudes in Wilhelmsburg wird zügig entschieden", heißt es. Das legt eine alternative Nutzung des Neubaus zumindest nahe. Auch an der Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße hält der Senat fest - wenn sie finanzierbar ist und "im Dialog mit den Wilhelmsburgern erarbeitet wird".

Von August 2012 an soll es einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung vom vollendeten zweiten Lebensjahr geben. Die Rücknahme der Erhöhung der Elternbeiträge hatte der Senat bereits zum August 2011 angekündigt.

Ein anderes umstrittenes Projekt von Schwarz-Grün - die Einführung einer Kulturtaxe - will der Senat "mit den Betroffenen" erörtern und dann entscheiden. Alle Kürzungen des Kulturetats aus schwarz-grünen Zeiten will der SPD-Senat zurücknehmen.

Wie berichtet, schafft der Senat zudem die Studiengebühren zum Oktober 2012 wieder ab. Zur Finanzierung der Vorhaben gibt es keine konkreten Aussagen. Dafür steht nun fest, dass die ab 2013 geltende Hamburger Schuldenbremse von der vom Bund vorgegebenen (ab 2020) ersetzt wird. Auch die Selbstverpflichtung, von den in der Finanzkrise aufgenommenen Milliardenkrediten von 2015 an 100 Millionen Euro jährlich zurückzuzahlen, fällt weg.

"Der Senat kippt die Tilgungsregeln, um sich neue Ausgabenspielräume zu schaffen", kritisiert GAL-Haushaltsexpertin Anja Hajduk. Scholz verkünde zusätzliche Ausgaben ohne konkrete Gegenfinanzierung und versuche, die Kosten "irgendwie im Gesamthaushalt verschwinden zu lassen". Die CDU-Finanzexperten Dietrich Wersich und Roland Heintze nannten die Ergebnisse der Klausur "gefährlich" für Hamburg: "Statt wirksamer Sparvorschläge präsentiert die SPD ausschließlich Ideen, noch mehr Geld auszugeben."

FDP-Fraktionschefin Katja Suding: "Entweder wird der Bürgermeister versprochene Wohltaten kassieren oder seine Ankündigung, nur ein Prozent Wachstum im Betriebshaushalt zuzulassen." Joachim Bischoff (Linke) fragte, warum die Studiengebühren erst 2012 wegfallen: "An der Finanzierung kann es wohl nicht liegen, weil Scholz keine Einsparung an anderer Stelle genannt hat." Lob gab es hingegen von den Jusos: "Auch wenn wir uns über eine sofortige Abschaffung gefreut hätten, ist dies eine sehr konkrete Perspektive für die Studierenden", sagte der Landesvorsitzende Nicholas Gildemeister.