In Hoheluft-West gibt es für 1195 Mädchen und Jungen zu wenige Plätze in Kita, Hort oder Sportverein. Schildern Sie Erfahrungen aus Ihrem Stadtteil!

Hoheluft-West. Wer mit Kindern in Hoheluft-West wohnt, ist in guter Gesellschaft. 1195 Kinder zwischen null und 14 Jahren leben in dem am dichtesten besiedelten Stadtteil Hamburgs (12 606 Einwohner auf einer Fläche von 0,6 Quadratkilometern). Solch ein kinderreiches Viertel ist schön. Einerseits. Andererseits bedeutet das auch ein Leben in der Warteschlange. Egal, ob das Kind als Säugling zum Babykursus, später zum Sportverein gehen, eine Vorschule besuchen soll oder einen Krippenplatz braucht: Meistens ist die Nachfrage höher als das Angebot. Wie wohl überall in Hamburg.

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Wenn Susanne Schroeder mit ihrer Tochter Line, 5, an der Schule an der Isebek vorbeigeht, sagt sie: "Guck mal, auf die Schule gehst du bald!" Dann kann sich Line schon einmal auf ihre Einschulung im Sommer freuen. Nur ob Line auch einen Hortplatz bekommt, ist fraglich. Sie steht mittlerweile auf sechs Wartelisten für eine Nachmittagsbetreuung. Seit September beschäftigt sich Susanne Schroeder mit der Suche nach einem Hortplatz. Der ist für die berufstätige Sonderpädagogin wichtig, weil die Schule um 13 Uhr endet, sie aber länger arbeiten muss. "Als ich die ersten Absagen bekommen habe, war ich ganz schön frustriert", sagt die 37-Jährige. Vier Horte gibt es laut Bezirksamt im Viertel. Susanne Schroeder ist flexibel und hat sich eine Liste von 28 Horten in der weiteren Umgebung besorgt, die sie nun abarbeitet. Etliche Einrichtungen hat sie sich angesehen, bei anderen hat sie sich telefonisch oder per E-Mail gemeldet. Sie investiert sehr viel Zeit und Nerven. Einen Hortplatz hat sie trotzdem nicht.

"Die Situation ist schon irre", sagt Christiane Goeing, Leiterin der Grundschule an der Isebek. "Es scheint immer mehr Kinder im Viertel zu geben. Unsere Schule platzt aus allen Nähten", sagt sie. "Hier ist es eng und voll. Eine Katastrophe." Die Behörde hat zwar Ausbaupläne für die Schule, bis dahin kommen weiterhin auf acht bis zehn der insgesamt 50 Hortplätze, die frei werden, 60 bis 80 Bewerbungen. Nicht anders ist die Situation in der Vorschule. Für die Klasse mit 21 bis 23 Kindern liegen 60 Anmeldungen vor. Gerade haben Schulleiterin Goeing und ihr Kollege von der benachbarten Grundschule Hoheluft die Absagen verschickt. Zwar wird die Grundschule Hoheluft im Sommer Ganztagsschule, für die Vorschüler aber gibt es keine Nachmittagsbetreuung vor Ort.

Besonders begehrt sind im Viertel Kitaplätze für die Kleinsten. Brigitte Vogt von der Kita Wrangelstraße: "Wir haben endlose Wartelisten wie alle Kitas. Besonders der Krippenbereich ist überlaufen." Brigitte Samtleben, Sozialdezernentin im Bezirk Eimsbüttel, hat keine Lösung und sagt: "Eltern müssen regelmäßig bei den Kitas und Tagespflegepersonen nachfragen. Eine staatliche Planung gibt es seit der Einführung des Kita-Gutscheinsystems nicht mehr."

"Man muss sich doppelt und dreifach anmelden. Jede Mutter, die ich kenne, steht für einen Krippenplatz auf mehreren Wartelisten. Die Verteilung ist grauenvoll", sagt Kerstin Bruns. Die Mutter einer zehnjährigen Tochter ist Kinderpsychologin im Viertel und bietet unter anderem auch Pekipkurse an. Für diese Babykurse müssen Eltern ihre Kinder sogar schon vor der Geburt anmelden. Für Kinder, die im Mai und Juni 2011 geboren werden, gibt es noch freie Plätze.

Kerstin Bruns: "Die Anspannung für die Eltern ist enorm." Die meisten Mütter fangen nach einem Jahr wieder an zu arbeiten und wissen häufig bis kurz vor der Rückkehr in den Beruf nicht, ob ihr Kind einen Krippenplatz bekommt. "Und wer in der Werbung arbeitet oder in einem medizinischen Beruf, hat es noch schwerer, weil die Einrichtungen kaum flexible Betreuungszeiten anbieten."

Kerstin Bruns weiß, wie schwierig es auch sein kann, sein Kind für Musikunterricht anzumelden. Ihre Tochter hat sie mit zwei Jahren an der Jugendmusikschule am Mittelweg in Rotherbaum auf die Warteliste setzen lassen, damit sie mit sechs Jahren Blockflöte lernen kann.

Vor allem für Kinder im Kindergartenalter wird es eng. Beispiel Eimsbütteler Turnverband (ETV): Wer sein Kind hier für einen Seepferdchen-Kursus anmelden möchte, landet fast automatisch auf einer Warteliste.

"Wir haben doppelt so viele Anmeldungen wie Plätze", sagt Frank Fechner, Vorsitzender des ETV. Beim Ballett sieht es ähnlich aus. Und wer einen der begehrten KISS-Kurse (Kindersportschule) beim ETV besuchen möchte, muss mit einer Wartezeit von einem Jahr rechnen. Zurzeit stehen 50 Kinder auf der Liste. "Wir haben eine extreme Verjüngung im Stadtteil. Viele Paare bekommen Kinder und bleiben hier wohnen. Das ist eine tolle Entwicklung, aber leider kommt die Infrastruktur nicht hinterher", sagt Frank Fechner. Und es wird in den kommenden Jahren nicht besser: "Wir rechnen damit, dass in zwei bis vier Jahren der große Ansturm auf die Mannschaftssportarten losgeht", sagt Fechner. Eben dann, wenn die jetzigen Kindergartenkinder älter werden. Allein die Fußballsparte ist in den vergangenen drei Jahren von 800 auf 1100 Kinder angewachsen. Frank Fechner: "Wir brauchen eine kinderfreundliche Stadtentwicklung."

Dieser kinderfreundlichen Stadt stehen aber auch die Bürger im Weg. An der Wrangelstraße haben Nachbarn Widersprüche gegen neue Kitas eingelegt. Eigentlich sollten in beiden Häusern je 50 Kinder unterkommen. Wegen Einwänden wurden aber je nur 25 Plätze genehmigt. Bei Hausnummer 15 haben Nachbarn Einspruch gegen die Kita im Allgemeinen eingelegt, bei Hausnummer 35 gegen die verlängerte Öffnung von halbtags auf ganztags.