Zahl der Tagesmütter rückläufig. Sozialsenator will Bürokratie abbauen. Opposition kritisiert Maßnahmen als nicht ausreichend.

Hamburg. Seit der Einführung des Elterngeldes hat sich die Zahl der ein Jahr alten Kinder, die in Krippen betreut werden, fast verdoppelt. Waren es zum März 2006 noch rund 21 Prozent, so erhöhte sich die Quote kontinuierlich auf 38 Prozent (Stichtag 1. März 2011). Hamburg ist nach Ansicht von Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) bei der Betreuung der Krippenkinder auf einem guten Weg.

Vom Sommer kommenden Jahres an müssen Kommunen im Rahmen des Krippenausbauprogramms Plätze für 35 Prozent der unter Dreijährigen anbieten. "Wir gehen von einer Krippen-Betreuungsquote für alle drei Jahrgänge der unter drei Jahre alten Kinder von über mehr als 40 Prozent aus, also von einem Prozentsatz, der deutlich über den vom Bund geforderten 35 Prozent liegt."

Sorgen macht Scheele allerdings die rückläufige Zahl der Tagesmütter, die etwa 14 Prozent der Krippenkinder betreuen. Er will die Tagespflege wieder attraktiver machen: "Wir wollen neue Plätze gewinnen und die Qualität der Betreuung weiter steigern", sagt der Senator. Tagespflege sei wichtig, weil es Eltern gebe, die an diesem familiären Angebot Interesse hätten. "Dieses Wahlrecht ist gut, und wir wollen es erhalten."

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Die Behörde versucht deshalb, den 1535 Tagesmüttern und -vätern (Stichtag: Ende 2011) Steine aus dem Weg zu räumen. Die umstrittenen Hygienevorschriften , die seit Anfang des Jahres gelten, wurden etwas entschärft. "Wir sind so weit gegangen, wie man gehen kann", sagt Scheele. Seinen Angaben zufolge haben die Tagesmütter an den neuen Leitlinien zur Hygiene in der Kindertagespflege mitgewirkt "und ihr Wissen aus der Praxis eingebracht".

Doch nun gibt es neuen Unmut: Unter den Tagesmüttern gibt es etliche, die ergänzende Leistungen aus Hartz IV erhalten. Seit Anfang Januar 2012 werden aber nicht nur Einkünfte aus der Kindertagespflege angerechnet, sondern auch die sogenannte Sachkostenpauschale, die sich nach Art und Umfang der Betreuung richtet. Diese Pauschale ist eine Art Spesenerstattung für gekauftes Spielzeug, Lebensmittel und sonstige Anschaffungen im Haushalt der Tagesmutter, die den Kindern zugutekommen. Tagesmütter, die zusätzlich Grundsicherung beziehen, müssen aber nun jede Ausgabe mit Quittungen belegen, um zu verhindern, dass die Pauschale als Einkommen angerechnet wird. Die Behörde äußerte in dem Brief an das Bundesarbeitsministerium die Bitte, eine unbürokratische Regelung zu finden und die Sachkostenpauschalen anzuerkennen.

Erleichterungen plant Scheele auch bei der Eröffnung von Großtagespflegestellen, also Zusammenschlüssen von zwei oder mehr Tagesmüttern. Bürokratische Hürden wie der Antrag auf Nutzungsänderung oder Schallschutz verzögern solche Projekte oft unverhältnismäßig lang. "Ich habe mit den Bezirksamtsleitern verabredet, dass es in jeder Bauprüfabteilung jemanden gibt, der dafür zuständig ist", sagt der Senator.

Beim Verein der Hamburger Tagesmütter und -väter finden diese Pläne positive Resonanz. "Das ist doch ein Wort. Wenn dem dann noch Taten folgen, wird es weniger Rückmeldungen über Probleme geben", sagt die Vorsitzende Anja Reinke. Völlig unzureichend findet Christoph de Vries, familienpolitischer Sprecher der CDU, das Vorhaben von Scheele. "Er muss Geld in die Hand nehmen", lautet seine Forderung. So müsse es eine Unterstützung bei den Sachkosten wie Miete geben, der Urlaubsanspruch angehoben oder Vertretungsregelungen sichergestellt werden. Dies wäre wichtig, um die "Abwärtsspirale" zu stoppen. "Worte und Taten klaffen weit auseinander", sagt de Vries. Stattdessen gebe der Senat im Vergleich zu den schwarz-grünen Planungen 1,3 Millionen Euro weniger aus in diesem Jahr.

Christiane Blömeke (Grüne) kritisiert, dass Scheele anders als Amtskollegen anderer Bundesländer die Hygienevorschriften übernommen habe. "Und nun lässt er sich für die Rücknahme feiern." Seine Pläne reichten nicht aus, um die Zahl der Tagesmütter zu erhöhen.