Neuer Leitfaden hatte für Entrüstung gesorgt. Strenge und bürokratische Hygienevorschriften werden etwas entschärft - keine Routinekontrollen.

Hamburg. Noch in der Woche nach Ostern sollen die rund 1600 Hamburger Tagesmütter und -väter Post bekommen. Der Absender: die Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration. Der Inhalt: der überarbeitete "Leitfaden für die Lebensmittelhygiene in der Kindertagespflege".

Im Januar dieses Jahres hatte der erste (nach EU-Vorgaben verfasste) Leitfaden für einen Sturm der Entrüstung gesorgt; auch politisch, quer durch alle Parteien. Denn als "Lebensmittelunternehmer" sahen sich Tagesmütter und -väter plötzlich mit Vorschriften konfrontiert, deren strikte Einhaltung allein bereits einen Fulltime-Job darstellt. Hintergrund ist die Furcht vor Keimen wie zum Beispiel Salmonellen, die bei nicht sachgemäßem Transport, der Lagerung sowie der Verar-beitung von Lebensmitteln entstehen und für das noch nicht voll ausgebildete kindliche Immunsystem gefährlich werden können.

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Kritisiert wurde der Leitfaden auch von Sozialsenator Detlef Scheele (SPD): "Tagespflege darf nicht unter einer Uberbürokratisierung leiden." Doch trotz Scheeles Intervention auf Bundesebene halten die zuständigen Bundesministerien (Familie sowie Landwirtschaft und Verbraucherschutz) an den EU-Verordnungen fest, die unter anderem regelmäßige Hygienekontrollen vorsehen. Andererseits wird den Bundesländern bei der Umsetzung ein großzügiger Spielraum gewährt - man weiß offenbar genau um den Unterschied zwischen Theorie und Praxis.

Für Anja Reinke, die Vorsitzende vom Hamburger Tagesmütter- und -väter-Verein, die bei der Überarbeitung des neuen Leitfadens neben Verbraucherschützern sowie der Fachamtsleitung für Verbraucherschutz, Gewerbe und Umwelt des federführenden Bezirks Altona beratend tätig war, unterscheidet sich der neue kaum vom alten Leitfaden. "Immerhin ist es jetzt klargestellt, dass die Großtagespflegestellen im Fokus der Kontrollen stehen werden und einzelne Tagespflegepersonen nur dann, wenn es Beschwerden oder gemeldete Erkrankungen aufgrund von Lebensmitteln gibt." Darüber hinaus sei die Broschüre nun verständlicher und freundlicher formuliert, und sie enthalte auch eine Fülle von Hinweisen zur praktikablen Umsetzung der Vorschriften.

Was alle Tagesmütter und -väter ärgern dürfte, sind die 27 Euro, die für eine Lebensmittelhygiene-Schulung fällig werden, bei der "doch im Grunde bloß Dinge vermittelt werden, die verantwortungsvolle Tagesmütter oder -väter längst wissen". Der gesunde Menschenverstand sei der beste Leitfaden, meint Anja Reinke, und die besten Kontrolleure seien schließlich noch immer die Eltern.