Rechnungshof und Opposition sehen nicht nur die Krise, sondern vor allem eine kurzsichtige Finanzpolitik als Ursache für Einschnitte.

Hamburg. Details der Sparpläne des Senats stoßen auch innerhalb der CDU auf Widerspruch. Zur Maßnahme, Reparaturen an Hamburgs Straßen zu verschieben, sagte CDU-Verkehrsexperte Klaus-Peter Hesse: "Jeder Euro, der zur Beseitigung von Schlaglöchern gespart wird, muss in einigen Jahren dreifach für Sanierungen ausgegeben werden." Dies sei auch Thema auf der CDU-Fraktionsklausur in Jesteburg am Wochenende gewesen. "Dieser Vorschlag wird in unserer Partei kaum mehrheitsfähig sein", sagte Hesse dem Abendblatt.

Hamburgs Regierung hatte vergangene Woche ein historisches Sparpaket in Höhe von 1,15 Milliarden Euro verkündet: steigende Gebühren für Kitas, Preiszuschlag für HVV-Tickets weniger Lehrer an Gymnasien, um nur einige Maßnahmen zu nennen. Bürgermeister Ole von Beust (CDU) verwies auf die "dramatische Lage" durch krisenbedingte Steuerausfälle in Höhe von sechs Milliarden Euro bis zum Jahr 2013.

Doch sind die Einschnitte sämtlich auf Folgen der Krise zurückzuführen? Noch im vergangenen September kündigte der Senat Mehrausgaben in Höhe von 800 Millionen Euro für den Doppelhaushalt 2009/2010 an. Grund waren vor allem Kosten für Vereinbarungen aus dem schwarz-grünen Koalitionsvertrag, die schon damals als üppig kalkuliert galten. "Die politischen Schwerpunkte des Koalitionsvertrags werden ohne neue Schulden finanziert", teilte die Finanzbehörde damals mit.

Allerdings: Zu diesem Zeitpunkt klaffte im Haushalt bereits ein Milliardenloch. Im Sommer 2008 prognostiziere der Rechnungshof Defizite in Höhe von 1,6 Milliarden Euro bis 2011, die mit Verkäufen städtischen Eigentums und Rücklagen gedeckt werden sollten.

"Man darf nicht vergessen, dass der Senat lange vor Ausbruch der Finanzkrise auf massive Schulden zusteuerte", sagte SPD-Finanzexperte Peter Tschentscher dem Abendblatt. Es sei "unbegreiflich", dass offenbar nicht nur mit einem steilen, sondern wohl auch endlosen Anstieg der Steuereinnahmen gerechnet worden sei. "Zumal die Anfänge der Finanzkrise spätestens im Herbst vor einem Jahr spürbar waren." So gehe aus einer jüngeren Senatsdrucksache hervor, dass für dieses Jahr, unabhängig vom Steuerausfall, ein Defizit in Höhe von 1,1 Milliarden Euro kalkuliert war, für das Jahr 2010 waren es noch einmal 500 Millionen Euro.

Auch Rechnungshof-Präsident Jann Meyer-Abich kritisierte die Finanzpolitik: Der Senat habe vor eineinhalb Jahren die Chance verstreichen lassen, zu Zeiten sprudelnder Einnahmen einen Kassensturz zu machen, sagte Meyer-Abich der "Welt". Zudem sei die Lage angespannter, als vom Senat dargestellt: "Wir kommen mit diesen Maßnahmen auf einen durchschnittlichen Einsparbetrag von etwa 280 Millionen Euro jährlich. Wir haben aber ein Defizit von jährlich über 1,5 Milliarden im Haushalt." Auch Finanzexperte Joachim Bischoff (Linke) sagte: "Der Haushalt war bereits bei seiner Verabschiedung Makulatur."

SPD-Familienpolitikerin Carola Veit kritisierte Einschnitte im Sozialbereich: Obwohl Konsens bestehe, mehr Kindern einen Zugang zur Kita zu ermöglichen, gebe es nun weniger Geld. "Die Kinder müssen also enger zusammenrücken", sagte Veit. Zudem sei es kurzsichtig, den Rechtsanspruch zweijähriger Kinder auf einen Kita-Platz doch nicht einzuführen. "Das trifft benachteiligte Eltern, die arbeiten gehen", sagte Veit.

Auch dass in Hamburgs sieben Bezirken rund 500 Stellen gestrichen werden sollen (insgesamt 47,4 Millionen Euro Sparvolumen bis 2013), stößt auf Skepsis: "Der Bürger wird dies spüren - wenn sich Service und Öffnungszeiten ändern", sagte Markus Schreiber (SPD), Chef des Bezirksamts Mitte, das im kommenden Jahr offenbar mit 650 000 Euro weniger auskommen muss. In Eimsbüttel sollen insgesamt fünf Millionen Euro gespart werden. "Das ist Unterkante Oberlippe", sagte Amtsleiter Jürgen Mantell. Bereits seit 1995 würde rigide gespart, die Stadt müsse also wissen, was es heiße, wenn noch weniger Geld da sei, sagte Mantell. "Beispielsweise, dass die Grünanlagen nicht mehr so schön sind."