Studenten und Politiker sind sich in der Kritik am Verfahren einig. Geht es um die Person, gibt es unter den Kommilitonen zwei Lager.

Hamburg. Nach der Wahl von Dieter Lenzen zum neuen Präsidenten der Hamburger Uni mehrt sich die Kritik am Ernennungsverfahren. Gleichzeitig kündigte die Studentenvertretung AStA an, Lenzen "eine Chance" geben zu wollen.

Nachdem Studenten die Wahl zunächst mit massivem Protest noch verhindert hatten, brachten Hochschulrat und akademischer Senat die Wahl doch noch zustande. Der Vorwurf der Kritiker: Das Prozedere sei intransparent und undemokratisch abgelaufen. "Der Hochschulrat hat das alleinige Vorschlagsrecht für den Präsidenten. Seine Mitglieder werden nicht demokratisch von Studenten gewählt, sondern je zur Hälfte vom akademischen Senat und von der Stadt Hamburg bestimmt. Das eigentliche demokratische Gremium, der akademische Senat, hat nur noch die Möglichkeit, den Vorschlag des Hochschulrats zu bestätigen oder nicht", beklagt Aleksandra Szymanski, Vorsitzende des AStA.

Die Besetzer des Audimax kritisieren, dass es keine Vorstellung Lenzens vor den Studierenden gegeben habe. "Ein Präsident, der für die ganze Uni zuständig sein soll, muss sein Konzept auch der gesamten Uni vorlegen", sagen sie. Kritik kommt auch von den Grünen: "Der Hochschulrat hat zum wiederholten Male bewiesen, dass er mit der Aufgabe der Wahl eines Präsidenten offenbar überfordert ist. Wenn aber der Hochschulrat nicht zum Wohle der Universität arbeitet, dann stellt sich für mich die Frage seiner Legitimität", sagt die wissenschaftspolitische Sprecherin der GAL, Eva Gümbel.

Sind die Studenten in ihrer Kritik am Vorgehen noch vereint, teilen sie sich in der Bewertung der Person Dieter Lenzen in zwei Lager. Die Besetzer des Audimax lehnen den neuen Uni-Chef grundsätzlich ab. Er sei autoritär und wirtschaftsnah, eher ein "Bildungsmanager" als jemand, dem Bildungsgerechtigkeit am Herzen liegt. Sie rufen dazu auf, sich der Kampagne der Berliner Kommilitonen an der Freien Universität anzuschließen, die Lenzen loswerden wollen. "Lenzen - Not my president" lautet ihr Slogan. Die Protestler besetzen das Audimax weiterhin. Bis Weihnachten wollen sie durchhalten.

Wesentlich diplomatischer sieht man den designierten Präsidenten beim AStA. "Lenzen vertritt auch Positionen, die mit unseren Forderungen übereinstimmen: Er ist gegen Studiengebühren und für die Verschlankung der neuen Studiengänge", sagt Aleksandra Szymanski. Deshalb wolle man Lenzen eine Chance geben und ihn "kritisch begleiten". Die wichtigsten Baustellen seien der Einsatz für ein besseres Hamburger Hochschulgesetz, die Verbesserung der neuen Studiengänge, die finanzielle Lage und der bauliche Zustand der Uni. "Vor allem aber", sagt Szymanski, "muss Lenzen dafür sorgen, dass künftig alle Stimmen an der Uni integriert werden." Das Engagement des Professors, der die Freie Uni in Berlin zur Elite-Uni gemacht hat, ist unterdessen noch nicht unter Dach und Fach. Seine offizielle Zusage steht noch aus, gilt aber als wahrscheinlich.

In der Vergangenheit hatte sich der Wissenschaftler wiederholt positiv über die Stadt und die Uni geäußert, die Bedingungen in Berlin dagegen scharf kritisiert. Die Hamburger Uni sei "an dem Punkt, an dem die FU vor zehn Jahren war: Sie krankt an ihrem schlechten Image." Den neuen Posten sieht er als "reizvolle Aufgabe". In den nun beginnenden Verhandlungen mit der Stadt ist Lenzen nicht nur wegen seiner Reputation in einer guten Position: Die Berliner CDU fordert von dem regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit "umgehend Bleibeverhandlungen mit Lenzen aufzunehmen, um ihn zu halten."