Breite Front gegen die Sparpläne des Senats in der Hochschule. “Ich habe in den letzten Tagen vier Angebote von anderen Hochschulen bekommen.“

Hamburg. An der Universität kursierten bereits in jüngster Zeit Gerüchte, Uni-Präsident Dieter Lenzen könne der Hansestadt bald den Rücken kehren, wenn er nicht ausreichend Mittel zur Verfügung gestellt bekäme. Die drastischen Sparpläne des Senats - von einer Budgetkürzung um 20 Millionen Euro ist die Rede- geben diesen Gerüchten neue Nahrung. Als das Abendblatt ihn gestern mit den Spekulationen konfrontierte, ging Lenzen mit dem Thema überraschend offen um: "Ich habe in den letzten Tagen vier Angebote von anderen Hochschulen bekommen." Und weiter: "Um meine Zukunft mache ich mir keine Sorgen."

Es klingt wie eine unverhohlene Drohung des Mannes, der im März 2010 als Hoffnungsträger an die Hamburger Universität kam, wenn die Kürzungen nicht zurückgenommen werden. Zwar schiebt er gleich hinterher: "Ich möchte bleiben." Und bemüht das Bild vom Kapitän, der nicht von Bord geht, wenn das Schiff von einem Torpedo getroffen ist. Doch es sind deutliche Worte - wobei er auch hofft, dass Bewegung in die Gespräche mit Wissenschaftssenatorin Dorothee Stapelfeldt kommt und sich die Millionen-Kürzungen im Hochschuletat noch abwenden lassen.

Wissenschaftssenatorin Stapelfeldt reagierte gestern betont gelassen: Sie könne sich nicht vorstellen, dass Lenzen die Stadt verlassen wolle, ließ sie auf Anfrage des Abendblatts mitteilen. "Er hat noch große Aufgaben vor sich. Ich gehe davon aus, dass er sich diesen nicht verschließen wird." Für Mitte nächster Woche hat die Senatorin die Präsidenten der sieben Hamburger Hochschulen zum Gespräch gebeten. Dabei soll es auch um konkrete Zahlen gehen. Nach Berechnungen der Hochschulen müssen sie seit Herbst 2009 mit 32 Millionen Euro weniger auskommen, allein für die Uni Hamburg würde das Einsparungen von 20 Millionen Euro ausmachen. Das entspreche einem Minus von 400 Stellen, hatte Lenzen vorgerechnet. Die Wissenschaftsbehörde geht von niedrigen Kürzungen an den Hochschulen aus.

Einen Vorgeschmack auf die Auswirkungen gibt es im 6. Stock des Philosophenturms. Seit Anfang Mai ist im Fachbereich Romanistik die Fachbibliothek für Französisch und Italienisch geschlossen - wegen "Sparmaßnahmen" verkündet ein Plakat an der Tür. "Wissenschaftliches Arbeiten ist kaum noch möglich", klagt Studentin Margarete Sczesny, 22. Mit ihren Kommilitonen hat sie Unterschriften gesammelt. Immerhin eine stundenweise Notöffnung soll es nun geben. "Die Unruhe an der Universität ist groß", sagt ein paar Stockwerke tiefer Jörg Schönert, inzwischen emeritierter Professor für Neuere Deutsche Literatur.

Der Akademische Senat stellte sich gestern mit einer Resolution hinter Uni-Präsident Lenzen: "Die Universität Hamburg wird ihren entschiedenen Widerstand gegen diese nun bekannt gewordenen Kürzungspläne setzen." Lenzen hatte angekündigt, dass die Universität keine Kürzungen umsetzen werde. Auch die Personalräte für das Wissenschaftliche und das Verwaltungspersonal protestieren.

Wie ernst die Lage ist, zeigt, dass sich gestern auch Ex-Senatorin, Herlind Gundelach (CDU), zu Wort meldete. Anders als Stapelfeldt habe sie den Bereich Forschung und Lehre ausdrücklich von Kürzungen ausgenommen, gab sie zu Protokoll. Zu Stapelfelds Widersacher Lenzen, den sie erst vor einem guten Jahr abgeworben hatte, sagte sie: "Er hat hohe Ansprüche an sich und an seine Arbeit. Wenn ihm die Basis wegbricht, könnte ich verstehen, wenn er geht."