Das Sparprogramm des Senats wirkt sich nach Ansicht der Dekane unmittelbar auf die Lehrbedingungen aus. Das Studium werde leiden.

Hamburg. Eine Handvoll Biologiestudenten teilen sich ein Mikroskop, die Technik der Labor-Apparaturen ist veraltet, Professoren stellen Chemikalien bereit, anstatt selbst zu forschen. Wer in ein paar Monaten einen Blick in die Naturwissenschaftliche Fakultät an der Universität Hamburg wirft, wird eben das sehen können. Dieses Szenario entwirft zumindest der Dekan, Prof. Heinrich Graener. Seiner Ansicht nach wird das Sparprogramm des Senats massiv in Forschung und Lehre eingreifen - anders als von Wissenschaftssenatorin Herlind Gundelach (CDU) stets betont.

+++ Streichliste: Hier will Hamburg sparen +++

Eine Meinung, die die Dekane der anderen Fakultäten gegenüber dem Abendblatt teilen. Sie werfen dem Senat fehlende politische Legitimation vor. "Die Politik hatte immer beteuert, für Forschung und Lehre einzustehen", sagt Prof. Arndt Schmehl, Prodekan an der Fakultät der Rechtswissenschaften. "Das waren wohl alles Lippenbekenntnisse." Zwar arbeitet die Uni derzeit erst an einem Konzept, wie die Sparvorgaben intern umgesetzt werden sollen. Dass das Studium leiden werde, stellt keiner der Lehrenden infrage.

Einsparungen werden die Bereiche treffen, die erst jüngst eingeführt worden sind, prognostiziert Prof. Schmehl. Bei den Rechtswissenschaften heißt das: Begleitende Kurse zum Examen würden wegfallen, ebenso das erweiterte Angebot von Übungsklausuren sowie Praxisbesuch oder auch Seminare in den Bereichen Rhetorik, Karriereplanung und Verhandlungstechnik. "Alles Angebote, die wichtige Ergänzungen zum rein Fachlichen darstellen und dauerhafte, nachhaltige Strukturen schaffen sollten", sagt Prof. Schmehl. Doch das dafür eingestellte und durch Studiengebühren finanzierte Personal breche mit den Sparmaßnahmen weg.

Denn wenn an der Uni wie vorgesehen an der Verwaltung gespart wird, fällt das unmittelbar auf den Lehrbetrieb zurück. "Es geht dabei nicht um Hausmeister, die den Campus fegen", sagt Prof. Graener. Verwaltung heißt an seiner Fakultät auch technisches Personal, Ingenieure, Laboranten, IT-Mitarbeiter, die die großen Recheneinheiten in der Informatik funktionsfähig halten. Wenn die nicht mehr da sind, müssten die Professoren selbst ran, die Forschung leide, so Graener. In diesem Bereich zu sparen täte deshalb "sehr weh".

Nach Angaben des Akademischen Senats ist die Uni mit rund zwölf Millionen Euro jährlich von den Sparvorgaben betroffen. Etwa fünf Millionen Euro entfallen allein bei den Studiengebühren, deren Verwaltung künftig die Uni zahlen muss und deren Absenkung von 500 auf 375 Euro nicht mehr von der Stadt kompensiert wird. Neben der Kürzung des Gesamtetats um 2,5 Millionen Euro werden zudem zahlreiche Fördermittel und Zuschüsse wie für ausländische Studierende eingestellt. Doch auch die Kürzung des Weihnachtsgeldes für Beamte schwäche die Wettbewerbsfähigkeit der Uni bei Neuberufungen und Bleibeverhandlungen massiv, so der Akademische Senat.

Zusätzlich belastet werden die Studenten durch die Erhöhungen des Mensa-Essens um zehn Prozent und des Semesterbeitrags von 51 auf 70 Euro. Schuld daran sind die reduzierten Zuschüsse an das Studierendenwerk in Höhe von rund zwei Millionen Euro.

"Ich finde es bestürzend, dass die Studierenden überproportional beteiligt werden", sagt die Dekanin Eva Arnold. An ihrer Fakultät für Erziehungswissenschaften wurde mithilfe der Studiengebühren viel Personal auf Zeit eingestellt, viele Verträge können vermutlich nicht verlängert werden. Arnold geht davon aus, dass pro Woche Lehrstunden im dreistelligen Bereich wegfallen werden. Auch die Anzahl der Tutorien im Bereich Erziehungswissenschaften könnte wieder von 250 auf 50 sinken. Konsequenz sind heillos überfüllte Kurse. In allen Fächern wichtig sind darüber hinaus die Studienbüros, deren Mitarbeiter den Studierenden bei der Organisation des gesamten Studiums helfen. Diese seien gerade erst mühsam eingerichtet worden, so Arnold. Sie wieder einzustampfen werde das Studium deutlich erschweren.

"Jetzt kommt die Wahrheit ans Licht, die Sparmaßnahmen gehen sehr wohl an die Substanz", kommentierte der SPD-Hochschulpolitiker Philipp-Sebastian Kühn die Aussagen der Dekane. Für die Uni, die vieles gerade erst aufgebaut habe, sei das eine Katastrophe - auch in Hinblick auf die Bundesexzellenzinitiative.

Uni-Präsident und Vorsitzender des Akademischen Senats, Dieter Lenzen, sagte dem Abendblatt, die bisherigen Senatsbeschlüsse dürften nicht das letzte Wort sein: "Die Universität muss ein klares Bekenntnis der Stadt zu ihrer Universität und der Wissenschaft erwarten." In einem Schreiben forderte der Akademische Senat alle Mitglieder der Uni jetzt auf, sich an öffentlichen Aktionen gegen die Kürzungen zu beteiligen.