Uni-Präsident Dieter Lenzen fühlt sich von Sparplänen des Senats “persönlich getroffen“. Sorge um ganze Fakultäten

Hamburg. Fast hatte man den Eindruck, als bereue Uni-Präsident Dieter Lenzen seinen Entschluss, überhaupt nach Hamburg gekommen zu sein. Im März vergangenen Jahres war er aus Berlin in die Hansestadt gewechselt. Damals, so Lenzen, habe man ihn mit der Zusage gelockt, dass das Budget der Universität Hamburg bis 2014 konstant bleibt. Zusagen müssten eingehalten werden, das gehöre schließlich zu den Tugenden der ehrbaren Kaufleute, die in der Hansestadt so gern beschworen werden, so der gebürtige Westfale. Doch mit seinen Sparplänen habe Hamburg sein Wort gebrochen. Lenzen: "Ich fühle mich persönlich getroffen."

Seine Kritik richtet sich gegen den SPD-Senat und dessen Sparpläne. Schon unter dem schwarz-grünen Vorgängersenat wurde der Wissenschaftsetat empfindlich beschnitten. Von dem Regierungswechsel hatten sich Lenzen und seine Kollegen die Rücknahme zumindest eines Teils der Kürzungen versprochen. Nun die bittere Erkenntnis: Es muss sogar noch mehr gespart werden. Nach eigenen Berechnungen stehen den Hamburger Hochschulen 32 Millionen Euro weniger zur Verfügung.

Allein für die Uni Hamburg sind es 20 Millionen Euro. Um deutlich zu machen, was das konkret für die Hochschulen bedeutet, waren gestern die Vertreter der Landeshochschulkonferenz, in der die Präsidenten der neun Hamburger Hochschulen sitzen, im Ostflügel des Uni-Hauptgebäudes zusammengekommen. Hausherr Lenzen hatte auch seine Dekane dazu gebeten, die verschiedene Szenarien für ihre Fakultäten entwarfen. "Selbst wenn ich den gesamten Fachbereich Informatik schließe, würde das nicht reichen", sagte beispielsweise der Dekan der Naturwissenschaften, Heinrich Graener.

Er geht davon aus, an seiner Fakultät etwa sieben Millionen Euro einsparen zu müssen. Ähnlich dramatisch sieht es bei seiner Kollegin von den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften aus. "Um die 2,9 Millionen Euro einzusparen, müssten wir zum Beispiel den kompletten Bereich Volkswirtschaftslehre schließen", sagte Gabriele Löschper. Eine andere Möglichkeit wäre, freie Stellen in allen Bereichen zu streichen oder keine Sachmittel mehr auszugeben. Auch Medizindekan Uwe Koch-Gromus sorgt sich um die Zukunft seiner Fakultät. Schon jetzt sei die Medizin im Bundesvergleich unterdurchschnittlich ausgestattet. Mit den neuen Sparvorgaben drohten 15 Prozent der Studienplätze wegzubrechen. Die Wissenschaftselite sieht diese Szenarien als "Warnung" an den gesamten Senat.

Wissenschaftssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) solle schlagkräftige Argumente bekommen, um für ihren Bereich kämpfen zu können, so Lenzen.

Die Senatorin kündigte an, die Bedenken der Hochschulen sehr ernst zu nehmen. "Wir werden - das habe ich mit den Präsidenten auch vereinbart - gemeinsam mit den Hochschulen Entwicklungsperspektiven erarbeiten und verlässliche Rahmenbedingungen festlegen", sagte Stapelfeldt. Die aufgezeigten Folgen für die Hochschulen stellen aus ihrer Sicht allerdings "Worst-Case-Szenarien" dar. Stapelfeldt sei sich sicher, dass diese nicht eintreten werden.

Zudem erhob die Senatorin schwere Vorwürfe gegen den Vorgängersenat. Dieser habe Luftbuchungen und Haushaltsrisiken hinterlassen, weshalb die Wissenschaftsbehörde jährlich 12,8 Millionen Euro zusätzlich einsparen muss. Zudem sei eklatant, dass Schwarz-Grün keine Vorsorge für Investitionen im Hochschulbau und für Sanierungen getroffen habe. Allein dafür müssten bis 2016 rund 800 Millionen Euro aufgebracht werden - zum Vergleich: In diesem Jahr liegt der Gesamtetat im Wissenschaftsbericht bei 786 Millionen Euro. Woher dieses Geld kommen soll, kann sie nicht sagen.

Die Studenten selbst waren von den zusätzlichen Kürzungen weniger überrascht. Man habe sich schon gewundert, wo der SPD-Senat das Geld hernehmen wolle, so der AStA-Vorsitzende Sören Faika. "Wenn Hamburg eine internationale Wissenschaftsstadt sein möchte, muss sie sich endlich dazu bekennen", sagte Faika. Fast resigniert fügte er hinzu: "Wenn nicht, dann eben auch."