Lisa Kosok, Direktorin des Hamburgmuseums, schwärmt von dem beeindruckenden Lager- und Fabrikgebäude auf der Veddel als Kunstspeicher.

Hamburg. Seit Jahren wird in Hamburg über die Schaffung eines Kulturspeichers diskutiert, in dem die stadthistorischen Museen ihre Schätze lagern und pflegen können. Es gibt einen Ort, der weit oben auf der Kandidatenliste steht. Die Peute. Ein Stück Veddel, nur wenige Minuten von der City entfernt, wo sich erahnen lässt, wie es war, als hier Handel getrieben wurde. Trutzig gebaut, mit stolzer Liebe zum Detail.

"Wie schön das hier ist", sagt Lisa Kosok beim Betreten des südlichen Gebäudes. Sie steht im Treppenhaus, das in Grau, Blau- und Rottönen gehalten ist. Ein kühn geschwungenes Schmiedeeisengitter führt nach oben. Man brauche solche Orte, damit das historische Gedächtnis der Stadt nicht noch mehr unter Alzheimer leidet, sagt Kosok. Zu viel ist schon verschwunden, zu viel musste dem Druck der Gewinnoptimierung weichen.

"Die Peute" - so nennen die Veddeler die wuchtigen Gebäude der ehemaligen "Großeinkaufs-Gesellschaft Deutscher Consumvereine": ein Lager- und Fabrikkomplex aus den 20er-Jahren des vorigen Jahrhunderts, mit einem markanten Schornstein in der Mitte und mit 30.000 Quadratmeter Nutzfläche. Im Dezember 2011 wurde alles vorläufig unter Denkmalschutz gestellt. Weitere Abrissarbeiten sind zunächst nur noch mit Zustimmung des Denkmalschutzamts möglich.

+++ SPD will Peute-Ensemble erhalten +++

+++ Ein Stück Arbeitergeschichte Hamburgs +++

Genau hier könnte Kosok sich den Kulturspeicher vorstellen. "Wenn man mich fragt, wofür mein Herz schlägt." Und die Direktorin des Hamburgmuseums schlägt noch mehr vor: "Eigentlich wäre das Riesengelände mit den Großbauten genau der richtige Ort nicht nur für das Depot, sondern auch für so etwas wie die Spinnerei in Leipzig, die der Stadt zu internationalem Ansehen verholfen hat." Die Spinnerei ist ein zehn Hektar großes Werksgelände mit (der Peute ähnlichen) Backsteingebäuden, wo sich viele Galerien, Manufakturen, Werkstätten und Künstler angesiedelt haben. Jährlich lockt die Spinnerei Zehntausende an und hat Leipzig als innovativen Kunststandort bekannt gemacht.

20.000 Quadratmeter groß soll der Hamburger Kulturspeicher sein. Von den Gebäuden der Peute würde der Speicher die beiden Haupthäuser belegen, die Umbaukosten würden bei mindestens 20 Millionen Euro liegen. Bisher sind die deponierten Kunstwerke über 15 Depots in der ganzen Stadt verteilt, die Kosten dafür belaufen sich auf rund 837.000 Euro pro Jahr.

Die Stiftung Hamburgische Museen hat großen Platzbedarf. "Aber das Völkerkundemuseum hätte auch gern zusätzliche Flächen", sagt Kosok. Die Museumschefin sieht weitere Vorteile: "Man könnte hier die Zentralwerkstätten etablieren." Einer der größten Vorteile der zentral gelegenen Peute liegt in der Zeitersparnis. "Zurzeit gibt es regelrechten Sammlungsverwalter-Tourismus, der unglaublich kostet."

Seit 2007 sucht die Kulturbehörde, allen Sparzwängen zum Trotz, einen zentralen Speicher. Kosok: "Das erste Expertengutachten in der Anfangsphase der Stiftungsgründung hat erklärt, dass die Depots in den Museen in einem verheerenden Zustand sind und dass man unbedingt Abhilfe schaffen muss. Jetzt haben wir 2012."

Hinter den Kulissen wird über vier mögliche Standorte beraten und geprüft, welcher die meisten Vorteile bietet. Die SPD scheint auch die Peute zu bevorzugen. Bei einem Besuch im Januar stellte Gabriele Dobusch, die kulturpolitische Sprecherin der SPD, fest: "Die Gebäude der Peute eignen sich für Kulturnutzung." Wenn auf einmal Willen und Geld genug vorhanden wären, könnte man den Kulturspeicher wahrscheinlich in zwei Jahren realisieren, schätzt Kosok sehr optimistisch. Doch so weit ist es noch längst nicht. Gibt es in Hamburg einen zweiten Ort wie die Peute, mit diesem Potenzial? Lisa Kosoks Antwort ist eindeutig: "Nein." Für weitere Antworten sind die Kulturpolitiker und das Rathaus zuständig.