Anwohner nehmen vermehrt lästigen Geruch wahr. Delfi Cocoa beruft sich auf die Richtlinien. Jetzt ist die Politik am Zug.

Veddel. Wenn der Hausmann Olaf Block (38) seine Tochter Leonie (4) morgens zur Kindertagesstätte Uffelnsweg auf der Veddel bringt, muss die Kleine immer öfter klagen. "Das riecht ja schrecklich, Papa", sagt Leonie dann. Und manchmal, wenn der Geruch besonders schlimm ist, sagt sie: "Papa, ich muss kotzen!"

Olaf Block selbst nimmt den Geruch "seit einem halben Jahr" wahr. "Für mich ist das ein süßlich stechender Geruch. Ich habe ihn seitdem mindestens zehnmal wahrgenommen." Auch Wolfgang Schwarz (61) hat "in der letzten Zeit" einen "unangenehmen Geruch" wahrgenommen: "einen recht drückenden Kakaogeruch, der geht auf die Nerven", sagt der Rentner von der Veddel.

Die Veddelerin Anne Bethmann (55) kennt den Geruch auch: "Manchmal stinkt das, manchmal riecht das gut", sagt die Platzwartin. "Ende November hat es sogar lecker gerochen, nach frisch gebackenen Croissants. Aber an einem Tag in der ersten Dezemberwoche wiederum roch es schlimm - unangenehm und ekelig."

Drei Geruchsempfindungen von drei Bürgern von der Veddel. Alle drei "sind sich sicher, woher der Geruch kommt: Von der Kakaofabrik auf der Peute", auf der anderen Seite der Autobahn 255 - der Fabrik von Delfi Cocoa Europe am Einsiedeldeich 7 - 9.

Delfi Cocoa Europe ist ein Tochterunternehmen des Petra-Food-Konzerns aus Singapur und hat die ehemalige Kakao- und Schokoladenfabrik Gustav Hamester GmbH von Grund auf neu aufgestellt. Delfi Cocoa Europe mit Sitz in Zaandam, Niederlande, hat in den vergangenen zwei Jahren 65 Millionen Euro in die Veddeler Fabrik investiert. Damit hat das Unternehmen 150 neue Arbeitsplätze mitten in Hamburg geschaffen. Jetzt sind rund 200 Menschen auf der Peute beschäftigt. "Die Produktion läuft seit Mai 2009 unter voller Auslastung", sagt Finance Manager Bernd Sieksmeier. Die Fabrik produziert im Mehrschichtbetrieb Kakaobutter, Kakaomasse und -pulver, die an die Schokoladenindustrie weltweit geliefert werden.

Jetzt haben Lokalpolitiker von der Veddel und aus Wilhelmsburg die Kakaofabrik auf die politische Agenda gehoben. "Es stinkt", heißt es in einem - einstimmigen - Beschluss des Regionalausschusses Wilhelmsburg/Veddel - die Bezirksversammlung Mitte hat den Beschluss (am 17. Dezember) einstimmig bestätigt. Es komme "insbesondere im Bereich der Wohnbebauung auf der Veddel immer wieder zu einer unangenehmen beißenden Geruchsbelastung, die vermutlich durch die Kakaoverarbeitung hervorgerufen wird", schreiben die Politiker der SPD und der GAL. Sie fordern die Verwaltung auf zu überprüfen, "von wo die Geruchsbelastung auf der Veddel stammt". Die Behörden sollen darlegen, "ob die Genehmigungsauflagen geeignet sind, für die umliegenden Wohngebiete den erforderlichen Schutz vor Geruchsemissionen zu gewährleisten".

Einer der Antragsteller ist der Veddeler Sozialdemokrat Klaus Lübke (46). "Manchmal riecht das ganz fein nach Schokolade", sagt der Wirtschaftsprüfer, "das stört dann nur die Muslime im Fastenmonat Ramadan. Aber wenn der Geruch intensiver wird, dann verwandelt er sich in einen süßlichen Kadavergeruch. Die Fabrik liegt östlich des Wohngebietes. Zum Glück haben wir nicht jeden Tag Ostwind."

Delfi-Finance Manager Bernd Sieksmeier bezieht zu den Vorwürfen der Bürger und Politiker Stellung: "Der Teil der Veddel, auf dem sich unsere Kakaofabrik befindet, ist als gewerblich-industrieller Standort ausgewiesen. Bei der Verarbeitung von Kakaobohnen in Kakaohalbfabrikate kommt es wie in jeder industriellen Verarbeitung zu Emissionen, die im Rahmen der gesetzlichen Grenzwerte liegen." Delfi Cocoa röstet Kakaobohnen. "Dabei können spezifische Aromen freigesetzt werden, die unser Gebäude durch Filteranlagen vorschriftsmäßig verlassen", sagt der Delfi-Mann. "Die Verarbeitung von Kakaobohnen kann nirgendwo auf der Welt geruchsneutral durchgeführt werden. Delfi Cocoa wird sich in allen Phasen der Produktion weiter strikt an die staatlichen Auflagen halten, die für die Fabrik auf der Veddel gelten."

Die Genehmigungsauflagen, so Sieksmeier, seien "voll erfüllt worden und entsprechen den gesetzlichen Vorschriften. Im Rahmen eines TÜV-Gutachtens, dessen Bestandteil auch eine Emissionsprognose war, hat Delfi Cocoa alle Voraussetzungen erfüllt".

Diese Emissionsprognose sollte die Menschen in einem anderen Stadtteil aufhorchen lassen. Sieksmeier: "Sie zeigt einen Hauptemissionsschwerpunkt in Richtung Rothenburgsort und nicht in Richtung Veddel/Wilhelmsburg."