Bürgermeister will Hamburg fit für die Ringe machen, erhält dafür Beifall. “Hamburg ist eine große, selbstbewusste und sportbegeisterte Stadt“.

Hamburg. Nachdem das Thema Olympische Spiele für Hamburg nach der gescheiterten Bewerbung vor neun Jahren für Jahrzehnte ad acta gelegt zu sein schien, kommt jetzt überraschend wieder Bewegung in die Debatte. "Hamburg ist eine große, selbstbewusste und sportbegeisterte Stadt", sagte Bürgermeister Olaf Scholz am Freitag dem Abendblatt. "Schon deshalb liegen ganz wichtige Voraussetzungen für eine neue Olympia-Bewerbung vor."

In einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur hatte Scholz zuvor geäußert, dass er sich auf lange Sicht eine neue Initiative der Hansestadt für das bedeutendste Sportereignis der Welt vorstellen könne. Der SPD-Politiker hatte sich bei der 18. Hamburg Soirée - Motto der Veranstaltungsreihe: "Bürgermeister trifft Sportler" - am 5. März im Hotel Vier Jahreszeiten bereits ähnlich geäußert, doch derart konkret in die Offensive wie jetzt ging er noch nie. Eine deutsche Kandidatur für Sommerspiele wird es jedoch frühestens wieder 2024 geben können, wahrscheinlicher sind sogar spätere Daten, 2028 oder 2032. "Ob es am Ende zu einer neuen Bewerbung kommt, liegt nicht allein in der Hand Hamburgs", schränkte Scholz ein. "Ich glaube aber, dass die Stadt sich eine entsprechende Perspektive erarbeiten kann." Die Ende September 2011 von Sport- und Innensenator Michael Neumann (SPD) präsentierte Dekadenstrategie für den Breiten- und Spitzensport sei auch darauf ausgerichtet, dass Hamburg fit für eine erneute Kampagne ist.

+++ Aufstieg mit Olympia +++

+++ Hamburger Kandidaten: Auf dem Sprung nach London +++

Aus der neumannschen Agenda geht zwar hervor, dass Olympia im Moment kein konkretes Thema sei. Sehr wohl gehöre die Möglichkeit neuerlicher Aktivitäten in Sachen Sommerspiele aber zur Politik der kommenden Jahre. Eine Zukunftskommission Sport hatte die Ansätze erarbeitet, die Vordenker Christian Hinzpeter und Thomas Beyer hatten aufgeschrieben, wie Hamburg international im Sportspiel bleiben könne. Dem Gremium gehörten Vertreter des Senats, des Sportamtes, der Handelskammer, des Olympiastützpunktes und des Hamburger Sportbundes an. Geleitet wurde der Ausschuss von Dr. Michael Beckereit, einem ehemaligen Segelweltmeister, heute Geschäftsführer von Hamburg Wasser.

Die für den Sport zuständige Innenbehörde und der Senat haben sich mit der Dekadenstrategie das Ziel gesetzt, binnen zehn Jahren die Voraussetzungen zu schaffen, sich grundsätzlich "um alles" bewerben zu können - zum Beispiel auch wieder um eine Universiade. Die Weltspiele der Studierenden würden bis zu 50 000 Besucher von Universitäten aus aller Welt nach Hamburg locken. 2008 hatte die Stadt ihre Kandidatur um die Universiade 2015 im letzten Moment aus Kostengründen zurückgezogen. Ein weiterer Anlauf wird nun in Erwägung gezogen.

Den Zeitpunkt für seinen Vorstoß in Sachen Olympia hat Scholz bewusst gewählt. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB), dessen Präsidium über den nationalen Olympiabewerber entscheidet, steckt in einem schwierigen Prozess der Entscheidungsfindung. Nach der im Juli 2011 gescheiterten Kandidatur Münchens für die Winterspiele 2018 - Pyeongchang (Südkorea) erhielt vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) den Zuschlag - stellt sich dem DOSB die Frage, ob er sich noch einmal mit München um Winterspiele (2022 oder doch eher 2026) bewerben will - oder für die Jahre 2024, 2028 und 2032 die Option Sommer ziehen soll. Für den zweiten Fall wären Berlin und eben Hamburg die Kandidaten. Das Interesse Hamburgs hatte Scholz DOSB-Präsident Dr. Thomas Bach (Tauberbischofsheim) bereits vor Monaten in internen Gesprächen mitgeteilt, jetzt machte er es öffentlich. Spätestens neun Jahre vor dem jeweiligen Austragungstermin muss beim IOC eine Olympia-Bewerbung hinterlegt werden. Für die Spiele 2024 wäre das Mitte 2015.

Hamburgs neue Sportpolitik kommt in der DOSB-Zentrale in Frankfurt gut an. Das steigert die Chancen der Stadt bei einer möglichen Bewerbung gegen den Favoriten Berlin. Generaldirektor Dr. Michael Vesper sagte kürzlich im Abendblatt-Interview: "Olympische Spiele können nicht - wie bei Hamburgs Kampagne für 2012 - am Anfang, sondern nur am Ende eines Prozesses stehen. Bevor man über Olympia nachdenkt, sollte man erst kleinere Veranstaltungen erfolgreich ausgerichtet haben. Mir ist sehr sympathisch, dass sich der neue Hamburger Senat dieses Prinzip zu eigen gemacht hat. Die Dekadenstrategie, die mir Senator Neumann vorgestellt hat, ist der richtige Weg, und er ist auch glaubwürdig."

Auch der Hamburger Sportbund (HSB), vor neun Jahren noch Hemmschuh der Bewerbung, fühlt sich besser in die Sportpolitik des Senats eingebunden und reagiert entsprechend positiv auf Scholz' Initiative. "Prinzipiell ist es richtig, dass Hamburg das Thema Olympia weiterverfolgt und strategisch anpeilt", sagte HSB-Präsident Günter Ploß dem Abendblatt. Wichtig sei dabei eine enge Zusammenarbeit mit dem DOSB. "Sollte es losgehen, müssen die Instrumente stimmen."

Wert legt das IOC bei seiner Olympiavergabe auf die Zustimmung der Bevölkerung. 80 bis 90 Prozent sind erwünscht. Vor neun Jahren meinten laut einer repräsentativen Umfrage 92 Prozent der Hamburger, Olympia täte der Stadt gut. Inzwischen sind davon nur noch etwas mehr als die Hälfte überzeugt. Die Dekadenstrategie setzt auch hier an. Mit Millionen von Euros für die Instandsetzung von Sportanlagen und Turnhallen soll die Begeisterung der Hamburger auch für Sportveranstaltungen wieder gesteigert werden. Der beklagenswerte Zustand vieler Einrichtungen war einer der Gründe, warum sich zuletzt viele von Großprojekten wie Olympia abgewendet hatten.