Bürgermeister Olaf Scholz will die Spiele - weil Hamburg profitieren könnte

Als vor elf Jahren Ortwin Runde Hamburg regierte, konnte der SPD-Politiker mit der anstehenden Olympiabewerbung für das Jahr 2012 wenig anfangen. Die Internationale Gartenschau 2013 in Wilhelmsburg habe für ihn "absolute Priorität", man solle sich nicht verzetteln. Der damalige Oppositionsführer Ole von Beust (CDU) hielt Leipzig für den geeigneten Austragungsort des größten Sportfestes der Welt, erst als Bürgermeister revidierte er später seine Meinung. Die Sachsen indes bekamen zwei Jahre später den Zuschlag für ihre Bewerbung beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC), Hamburg unterlag bei der Abstimmung des Nationalen Olympischen Komitees (NOK) im letzten Wahlgang. Die Spiele finden in diesem Sommer in London statt. Leipzig, befand das IOC im Jahr 2004, sei für solch ein Ereignis viel zu klein.

Hamburg ist es nicht. Und in den Köpfen der führenden Politiker dieser Stadt scheint parteiübergreifend angekommen zu sein, dass die Ausrichtung Olympischer Spiele die einmalige Chance bietet, Hamburg in den Kreis der führenden Metropolen der Welt zu hieven, raus aus Beliebigkeit und Mittelmaß, weg vom kleinen Karo - hin zu globaler Beachtung. Think big!

Bürgermeister Olaf Scholz, das ist seinen jüngsten Äußerungen zu entnehmen, hat die Dimension begriffen, die Olympia für die Entwicklung eines Gemeinwesens eröffnet. Sein zu diesem Zeitpunkt, da Spiele in Deutschland in weiter Ferne liegen, ungewohnt klares Bekenntnis für eine erneute Olympiakandidatur darf dann auch als Aufforderung an Sport, Wirtschaft und alle gesellschaftlichen Kräfte verstanden werden, diesen ehrgeizigen Orientierungspunkt stets im Blick zu haben - selbst wenn eine Olympiakampagne erst für die Jahre 2024, 2028 oder noch später gestartet werden kann. Schließlich ist es mehr als eine Glückskeksweisheit, dass ohne großes Ziel jeder Weg beliebig wird. Die von Sportsenator Michael Neumann initiierte Dekadenstrategie für Hamburgs Breiten- und Spitzensport bildet die ideale Auffahrrampe für derartige Pläne. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB), der eines Tages über den deutschen Olympiabewerber entscheiden wird, hat das Papier ausdrücklich gelobt.

Welchen Imagewandel und Prestigegewinn die Austragung Olympischer Spiele auslösen kann, zeigen die Beispiele München 1972 und Barcelona 1992. Beide Städte waren provinzielle Größen, als sie mit Olympia die Weltbühne betraten. München und Barcelona haben ihren Aufstieg und ihren heutigen Wohlstand den Spielen zu verdanken. Studien beweisen, dass Millionenstädte der Kategorie Hamburg am stärksten von den Segnungen der fünf Ringe profitieren. Nachweislich nimmt die weltweite Bekanntheit zu, was den Zuzug von Menschen und Unternehmen wie den Tourismus fördert. Das belebt nachhaltig die lokale Wirtschaft, erhöht die Einkommen - wie das Selbstwertgefühl.

Im australischen Sydney entstanden mit der Ausrichtung der Sommerspiele 2000 mittelfristig rund 10 000 neue Arbeitsplätze. Ähnliche Effekte, sagen ebendiese Studien, seien in Metropolen wie London, Paris, New York, Tokio aber auch Berlin nicht zu erwarten. Deren Bekanntheit könne nur noch marginal gesteigert werden. Aus makroökonomischer Sicht wäre es deshalb am sinnvollsten für Deutschland, Olympische Spiele in Hamburg auszutragen - und nicht in Berlin, Hamburgs schärfstem nationalen Rivalen. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit, ebenfalls ein großer Freund Olympias, dürfte das allerdings anders sehen.

Hamburgs Konzept für die Sommerspiele 2012, das haben später Nachfragen bei IOC-Mitgliedern ergeben, wäre siegfähig gewesen. Olaf Scholz hatte das schon im Jahr 2001 erkannt: "Hamburg ist von seiner sportlichen und touristischen Infrastruktur eine Stadt, die natürlich in der Lage wäre, Olympische Spiele auszurichten. Daher muss man ernsthaft über eine Bewerbung nachdenken." Damals war Scholz Innen- und Sportsenator. Der Bürgermeister hieß Runde. Und der hatte andere Pläne.