Die Meerestiere gehören zu den größten Delikatessen und werden im Handel und in Restaurants tonnenweise verkauft und verzehrt.

Eigentlich, wenn man ganz ehrlich ist, gehört der Hummer – rot wie die Liebe - zu den Delikatessen, die man nur zu zweit genießen sollte. Bei Kerzenlicht, mit leuchtenden Augen, ganz viel Zeit und einer Musik, die das Herz aufgehen lässt. Am besten in Paris.

Doch Paris ist weit und der Hummer in Hamburg so nah! Deutschlands größter Hummer-Händler logiert mit 3000 lebenden Hummern am Hafen. Und in der Brasserie im Grand Hotel Elysee werden jährlich fünf Tonnen Hummer verspeist: die dort sogar mit einer Speisekarte auf Französisch.

Ganz anders und sehr hamburgisch geht es im Keller von Hummer Pedersen („Meeres-Delikatessen seit 1879“) an der Großen Elbstraße 152 zu. Mit sicherem Griff befördert Inhaber Joachim Niehusen einen Hummer aus dem Hälterbecken ins spärliche Licht. „Schön hoch muss er die Scheren strecken, dann ist er in Top-Form“, sagt er, und der Hummer macht das auch. 2000 bis 3000 Hummer leben in den Becken in künstlich erzeugtem Meerwasser und im Dunkeln, denn Licht geht hier automatisch nach fünf Minuten aus. „Das Hältern ist eine Kunst“, sagt Niehusen, „denn die Tiere sind extrem empfindlich.“ Und es sei teuer, das Meerwasser aufzubereiten. Mehr als 17 Tonnen Hummer verkauft Hummer Pedersen jährlich. „Damit sind wir Marktführer in Deutschland.“

Kreuzfahrtschiffe lassen sich die lebenden Hummer an Bord liefern

„Nur der frische Hummer hat diesen unvergleichlichen Geschmack“, sagt Niehusen. Da komme es schon vor, dass ein Luxusliner im Hafen etliche lebende Hummer kauft, weil ein anderer Transport nicht geklappt hat.

Die roten Meerestiere bringen Peter Sikorra zum Schwärmen. Der Chefkoch im Elysee sagt: „Sie sind ein Hobby von mir!“ Die Brasserie mit der Oysterbar ist dort ganz auf Hummer und Austern eingestellt. Französisches Flair und eine amerikanische Vermarktung bestimmen dies. Sikorra hat von Reisen nach Frankreich und in die USA beides mitgebracht. Neben der üppigen Meeresfrüchteplatte („Plateau royal“) wird der Hummer nach amerikanischer Mathematik angeboten. Einer für einen Gast. Zwei für einen Gast. Oder nur ein halber für einen Gast.

Bei einer kulinarischen Forschungsreise entdeckte Sikorra in den USA dies. „Am Strand in Maine wird Hummer in einen Restaurant aus Brettern so serviert“, sagt er. Ganz locker gehe das. Zwei Hummer für zwei Personen – das bedeutet auch zweimal Beilagen. Bei zwei Hummern für einen Gast gibt es nur einmal etwas dazu.

Vom Strand aus suchte Sikorra den Fischer und dann den Händler. „In Bosten hatte ich Glück und eine Möglichkeit direkt zu bestellen“, sagt er. Die wild gefangenen Hummer würden mit dem Flugzeug in Hamburg lebend ankommen. „Hier werden sie gekocht und dann serviert, denn ich muss keine großen Mengen abnehmen.“ Und der Preis sei günstig. „Denn es gibt keinen Zwischenhändler, und ich gebe den günstigen Preis weiter.“ Die Gefahr, dass Hummer beim Hältern eingehen und nicht mehr vermarktet werden können, hat das Elysee nicht. Und auch die abgekochte Ware kann nicht lange liegen, denn Hummer entwickeln im Panzer schnell Giftstoffe.

„Hummer machen Kummer“, ist ein geflügeltes Wort der Händler. Hinzu kommt etwas, das besonders Joachim Niehusen Sorgen macht: „Durch militante und auch aggressive Aktionen von Verbänden sind Hummer in Verruf geraten“, sagt er. Zu unrecht, wie er findet. „Weil wie bei Karpfen und Forellen die Hälterung funktionieren muss“, sagt er. „Und die artgerechte Haltung können wir sicherstellen.“

Was ist nun das Besondere beim Hummer? „Es ist wirklich eine der ganz großen Delikatessen unserer Zeit, die frisch zubereitet einen Geschmack entwickeln, den es sonst so vollmundig nicht gibt“, sagt Torsten Oesmann, Chef bei „Karsten Hagenah“, einem Fischgroßhändler, dessen Geschäft vor kurzem abbrannte. Oesmann überlegt, ob er wieder Hälterbecken für Hummer baut. „Denn die Einhaltung der neuen Tierschutznormen ist enorm teuer.“ Der Umgang mit lebenden Hummern ist in Hamburg zur Zeit Thema. „Wir erarbeiten gerade mit dem Veterinäramt einen Leitfaden für den Umgang mit Tieren, denn viele Veterinäre wissen nicht , wie sie die Bestimmungen vor Ort prüfen sollen“, sagt Joachim Niehusen.

Auch unsachgemäße Handelspraktiken haben dem Ansehen geschadet. Das liegt an der Lebensweise der Tiere. Hummer, die lange gehältert werden, verlieren an Gewicht. Sie magern innen aus. „Doch das merkt der Käufer nicht, denn den fehlenden Raum zwischen Fleisch und Panzer füllt Wasser aus“, sagt Niehausen. Ein minderer Hummer würde also genau das gleiche Gewicht auf die Waage bringen. Das seien dann „Luftballonhummer“.

Wie kann man das prüfen? Man soll den Hummer an den Seiten anfassen (was man ja sowieso tut) und drücken. „Dann merkt man, ob der Panzer voll ist“, sagt der Hummer-Pedersen-Chef. Wie man einen lebenden Hummer fachgerecht kocht, steht unten. Oder man setzt sich in das Bistro von Hummer Pedersen am Hafen und genießt den fertigen Hummer und die rustikal-nette Stimmung. Locker und unkompliziert soll es auch bei Peter Sikorra in der Brasserie zugehen. „Hummer dürfen bei uns auch mit den Händen gegessen werden. Doch wer will, kann auch mit der Hummerschere und den kleinen Hummergabeln arbeiten“, sagt er.

Im Elysee werden die Hummer mit einem Safran-Mayonnaise-Dip, Gurken-Kartoffelsalat, Cole Slaw (Krautsalat), Rahmspinat oder Sellerie-Kartoffelstampf angeboten. Hummer soll bei Sikorra „weiter ein Luxus bleiben“.

Im Elysee wird während einer Aktion vom 2. Bis 22. Oktober ein ganzer Hummer mit einem Gewicht von etwa 550 Gramm für 27 Euro angeboten. Wer zwei Hummer essen will, zahlt 51 Euro. Ein frischer Hummer kostet lebend im Fachhandel etwa 39 pro Kilo.

Das Hamburger Abendblatt bietet im Oktober wieder Hummer-Seminare im Grand Elysée an, bei denen man alles zu diesen Delikatessen lernt. Bald mehr dazu auf dieser Seite.