SPD jubelt über mehr als 8000 positive Bescheide. Oppositionspolitiker kritisieren: “Senat schmückt sich mit fremden Federn.“

Hamburg. Die Zahl verspricht Entspannung für den angespannten Wohnungsmarkt in Hamburg. Im zweiten Jahr in Folge ist die Zahl der Baugenehmigungen deutlich gestiegen. Bis Ende November erteilten die Bezirke 8060 positive Bescheide. Experten rechnen für 2012 damit, dass diese Zahl bis Jahresende auf insgesamt etwa 8800 anwächst. Im Vorjahr waren 6811 neue Wohnungen genehmigt worden. 2010 waren es noch 4129 gewesen.

Bausenatorin Jutta Blankau ist zufrieden mit der Entwicklung. "Jetzt kommt es darauf an, dass aus den Genehmigungen fertige Wohnungen werden", sagte die SPD-Politikerin. "Auch da sind wir auf einem guten Weg, überall in der Stadt stehen Baukräne." Neue Wohnungen seien die beste Möglichkeit, um eine Mietpreisexplosion zu verhindern.

Konkrete Zahlen, wie viele Wohnungen 2012 fertig gestellt wurden, gibt es allerdings erst im Frühjahr. Es wird erwartet, dass auch diese Zahl ansteigt. Im Schnitt dauert es zwei Jahre von der Genehmigung einer Wohnung bis zur Fertigstellung. 2011 waren 3729 Wohnungen bezugsfertig geworden - deutlich weniger als die vom SPD-Senat versprochenen 6000 neuen Wohnungen im Jahr. Um das Tempo zu steigern, hatte die Stadt die Bezirke mit dem so genannten Vertrag für Hamburg verpflichtet, die Zahl der Baugenehmigungen zu steigern. Offenbar mit Erfolg. Außer Bergedorf würden alle Bezirke die vereinbarten Vorgaben erfüllen, einige lägen sogar darüber, sagte eine Sprecherin der Baubehörde.

Spitzenreiter ist demnach mit Stand Ende November der Bezirk Nord mit 1812 Wohnungsbaugenehmigungen. Das sind doppelt so viele wie die Vorgabe vorsah. Auch die Bezirke Altona und Eimsbüttel haben mit 1724 (900) und 1118 (700) deutlich mehr Genehmigungen erteilt als vom Senat gefordert. Ebenfalls über dem Soll liegen Wandsbek mit 1310 (1100) und Mitte (ohne HafenCity) mit 975 (750). Und auch Harburg, das Ende November mit 632 noch unter der Grenze von 700 lag, wird diese nach Angaben von Bezirksamtleiter Thomas Völsch (SPD) überspringen. In Bergedorf fehlten Ende November noch 147 Bescheide, um die Vorgabe von 600 zu erfüllen.

In den Oppositionsparteien gibt es aber auch skeptische Stimmen. "Ob das eine Erfolgsstory wird, bleibt abzuwarten", sagt Hans-Detlef Roock, Wohnungsbau-Experte der CDU-Fraktion in der Bürgerschaft. Er fordert mehr Transparenz im Meldeverfahren. "Wir brauchen bereinigte Zahlen, die Abbrüche und Wohnungszusammenlegungen berücksichtigen", sagt der Chrisdemokrat mit Bezug auf die versprochenen 6000 neuen Wohnungen im Jahr. "Alles andere ist nicht seriös." Einen entsprechenden Antrag habe die CDU erst vor Kurzem gestellt. "Der wurde aber abgelehnt." Dazu kommt: Das Planungsrecht, auf dem die jetzigen Genehmigungen beruhten, stamme noch aus schwarz-grünen Regierungszeiten. "Der Senat schmückt sich mit fremden Federn", sagt Roock.

Die SPD weist die Kritik zurück. "Der Boom bei den Baugenehmigungen ist ein Riesenerfolg", sagt der wohnungsbaupolitische Sprecher, Dirk Kienscherf. In anderen Bundesländern, aber auch im Hamburger Umland nehme man Bezug auf die Entwicklung in der Hansestadt, auch wegen der hohen Zahl an gefördertem Wohnraum. "Das hat vor zwei Jahren in der Opposition niemand geglaubt." Jetzt müsse sich die Stadt darauf einstellen, dass es auch in den nächsten Jahren so weitergeht. "Wir brauchen einen Bewusstseinswandel, dass alle näher zusammenrücken müssen." Zwar habe auch seine Partei Interesse an der "Netto-Zahl", sprich an der Zahl der Wohnungen, die nach Abzug der wegfallenden Wohnungen jährlich dazukommen. Für die aktuelle Situation habe das aber kaum Relevanz, so Kienscherf. "Die Abbruchszahlen sind eher zurückgegangen."

Die Grünen bezweifeln das. Schätzungen hätten ergeben, dass zwischen 500 und 1500 Wohnungen im Jahr wegfielen. Trotzdem, sagt Fachsprecher Olaf Duge, sei es gut, dass die Zahl der Baugenehmigungen steige. "Aber es ist schade, dass die SPD nicht ehrlich mit den Zahlen umgeht, sondern sich nur ein Glanzlicht setzen will." Die Meßlatte seien 6000 fertige neue Wohnungen im Jahr. "Und das ist noch lange nicht erreicht." Aus seiner Sicht ist keinesfalls sicher, dass die genehmigten Wohnungen tatsächlich gebaut werden. "Jeder kann einen Bauantrag stellen, teilweise wird das auch aus spekulativen Gründen gemacht." Es müsse deshalb an mehreren Hebeln angesetzt werden, etwa mit einer sozialen Wohnungsnutzungsordnung ähnlich wie in München.