Polizei abgezogen. Neumann hatte versprochen, Sicherungsverwahrten zu bewachen. Innenbehörde sieht Abzug der Polizei nicht als Wortbruch.

Hamburg. Die Bewachung des ehemaligen Sicherungsverwahrten Hans-Peter W., 55, ist beendet: Mitte der Woche hat Polizeipräsident Wolfgang Kopitzsch die Beamten von der Aufgabe abgezogen. Gleichzeitig hat Hans-Peter W. seinen Wohnort gewechselt. Innensenator Michael Neumann (SPD) hatte bei der Einquartierung von ehemaligen Sicherungsverwahrten in Jenfeld vor knapp einem Jahr versprochen, vor allem die beiden als gefährlich geltenden Hans-Peter W. und Jens B., 52, in "Manndeckung" zu nehmen. Dass die jetzt im Fall Hans-Peter W. abgeschafft wurde, sieht man in der Innenbehörde nicht als Wortbruch. Die Zusage habe sich auf die Zeit bezogen, in der die Männer in Jenfeld untergebracht seien.

In der abgelaufenen Woche zog Hans-Peter W. still und leise in Jenfeld aus. Jetzt wohnt er an einer Hauptverkehrsstraße im Norden Hamburgs. Das Gebäude ist von einer Hecke abgegrenzt, im Garten steht eine mächtige Eiche. Am Grundstück führt ein Radweg entlang. Die Adresse des kleinen Zweifamilienhauses wollen die Behörden geheim halten - sie befürchten Proteste von Anwohnern. Schließlich ist Hans-Peter W. ein Sexualstraftäter, der nicht nur zu einer Haftstrafe, sondern auch zu anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt worden war. Bis Juli 2010 hatte er in Freiburg im Gefängnis gesessen. Dann kam er wegen eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte frei. Hans-Peter W. zog nach Hamburg, zunächst nach Harburg, doch da gab es sofort heftige Reaktionen der Nachbarn. Danach lebte er in einem Haus im Niendorfer Gehege.

Im vergangenen Dezember quartierten die Behörden Hans-Peter W. und zwei Männer mit vergleichbarem Hintergrund dann in Jenfeld ein. Die Polizei werde alles dafür tun, dass sich die ehemaligen Sicherungsverwahrten niemals allein im öffentlichen Raum bewegen werden, war eines der Versprechen, mit denen die aufgebrachten Anwohner beruhigt wurden. Für die Polizei war das eine gewaltige Aufgabe: 40 Beamte mussten eingesetzt werden, um eine Bewachung von zwei der drei Männer rund um die Uhr zu garantieren. Geschätzte Kosten: rund zwei Millionen Euro pro Jahr.

Schon damals war klar, dass dieser Aufwand nicht von Dauer sein kann. Tatsächlich lockerten die Sicherungsbehörden im Fall Hans-Peter W. bereits nach wenigen Monaten die Bewachung. So wurde er zuletzt nur noch von zwei Beamten begleitet. "Die Maßnahmen im Fall W. wurden sukzessiv heruntergefahren", sagt Polizeisprecher Mirko Streiber. Das hing vor allem damit zusammen, dass sich der Mann "kooperativ" und unauffällig verhalten habe. Zeitweise hatte er sogar Kontakt zu den Beamten gesucht, die ihn bewachten.

"Er hatte kein soziales Umfeld und konnte manchmal nicht die einfachsten Dinge des Alltags bewältigen, weil er einfach nie damit konfrontiert worden war", sagt ein Beamter. Am Ende war es auch die Empfehlung der Fallkonferenz, in der Mitarbeiter der Bewährungshilfe, der Führungsaufsichtsstelle und der Polizei sitzen, die zum Abbruch der Bewachung führte. Somit ist Hans-Peter W. außer permanenter Kontrolle der Sicherheitsbehörden. Eine soziale Betreuung soll es weiterhin geben. Eine Garantie, dass der Mann, der 1980 zwei Frauen vergewaltigte, nicht wieder rückfällig wird, gibt niemand.

"Innensenator Michael Neumann hat von Anfang an die Zusage einer polizeilichen Überwachung mit dem Wohnort Jenfeld verbunden", sagt sein Sprecher Frank Reschreiter. "Somit liegt auch kein Wortbruch vor." Im Umkehrschluss würde diese Zusage der Bewachung dann auch nicht mehr für Jens B. gelten, der aber noch immer von jeweils vier Beamten rund um die Uhr bewacht wird. Er wird demnächst und damit auch als einziger der ehemals drei Sicherungsverwahrten an den Moorburger Elbdeich in eine mehr als 100 Jahre alte Bauernkate ziehen, die gerade für 170 000 Euro hergerichtet wird. Eine Maßnahme, gegen die Anwohner in dem ohnehin gebeutelten Stadtteil massiv protestierten.

Jens B. saß in Haft, weil er eine Frau an einen Baum fesselte, sie missbrauchte, sich entschloss, sie zu töten - und ihr neun Messerstiche in Kehle, Nacken, Hals und Rücken zufügte. Er gilt weiter als gefährlich. Deshalb sei nicht absehbar, ob es eine Lockerung oder Einstellung der Bewachung geben könnte. Immerhin entspricht die Zahl der Beamten, die ihn auf Schritt und Tritt und 24 Stunden am Tag verfolgen, einem Zug der Bereitschaftspolizei.