Mate ist eine Papua-Weichschildkröte. Man könnte meinen, Gott sei bei ihrer Erschaffung ein “kleiner technischer Fehler“ unterlaufen.

Hamburg. Steckdosen und Wasser, das ist normalerweise keine allzu gute Kombination. Doch Mate beweist täglich das Gegenteil: Wenn sie ihre wie eine Steckdose geformte Nase gegen die Aquariumsscheibe drückt, könnte man meinen, Gott sei bei der Erschaffung dieser Art ein "kleiner technischer Fehler" unterlaufen ... Ganz zu schweigen davon, dass es keinen passenden Stecker für das Modell Papua-Weichschildkröte gibt. So eine ist Mate.

Im Tropen-Aquarium von Hagenbecks Tierpark lebt das Tier mit der lustigen Rüsselnase, wie Tierpflegerin Heidrun Rohr sie bezeichnet, im sogenannten Riesenschlangen-Fluss. Diesen teilt sich Mate mit einem Gabelbart und mehreren Schmerlen (alles Süßwasserfische) sowie den namensgebenden Netzpythons und Anakondas.

Papua-Weichschildkröten, die bezeichnenderweise auf englisch "Pig-nosed turtle", also schweinsnasige Schildkröten genannt werden, haben dabei eigentlich eine noch viel außergewöhnlichere körperliche Eigenschaft: Wie bei Meeresschildkröten scheint ihr olivegrüner Schild weich, lederartig zu sein. "Und die Haut fühlt sich auch gummiartig an", sagt Heidrun Rohr. Doch darunter befindet sich ein voll ausgebildeter Knochenpanzer.

Die Schildkröten, die bis zu 50 Zentimeter lang und etwa 22 Kilogramm schwer werden können, leben in Flüssen Indonesiens und Nordaustraliens. Da die Tiere sehr anpassungsfähig sind, findet man sie gelegentlich auch im Brackwasser. Eigentlich kommen Papua-Weichschildkröten nur zum Luftholen an die Oberfläche, ansonsten sind sie meist auf dem Grund der Flüsse anzutreffen - dabei können sie bis zu einer Stunde tauchen.

"An Land sind sie nie, außer zur Eiablage", sagt Heidrun Rohr. Doch das konnte sie bei Mate, der einzigen ihrer Art im Tropen-Aquarium, aus nachvollziehbaren Gründen noch nicht beobachten. Bis jetzt. Doch hinter den Kulissen wartet eine Lösung für dieses Problem: "Wir haben ein Männchen in der Quarantäne, den wir in den kommenden Tagen mit in den Flusslauf setzen wollen", verrät Heidrun Rohr. Ganz sicher, ob das gut gehen wird, ist sich die Tierpflegerin allerdings nicht: "Papua-Weichschildkröten sind zickig untereinander und verteidigen ihre Reviere." Im schlimmsten Fall müsse man die Tiere wieder trennen. Doch noch hofften alle, dass sich die beiden riechen können, so Rohr. Ausgewachsen sind beide noch nicht: Mate, schätzt die Tierpflegerin, ist sechs oder sieben Jahre alt und wie das Männchen etwa 40 Zentimeter lang.

Apropos riechen: Das ist für Papua-Weichschildkröten eine wesentliche Sache. Ihr Riechsinn ist hoch entwickelt und dient, gerade in trübem Gewässer, der Nahrungssuche. "Papua-Weichschildkröten sind Allesfresser, sie fressen ins Wasser gefallene Früchte, Blätter, aber auch Schnecken, Würmer und Krebse", sagt Heidrun Rohr. In Hamburg bekommt Mate Garnelen und Muscheln und eine Besonderheit, die die vorherige private Tierhalterin den Tierpflegern verraten hat: "Sie liebt gekochte Möhren." Extrem gelehrig sei sie, was die Fütterung angeht: "Sie hat unglaublich schnell begriffen, dass am Ende der langen Pinzette, die wir ins Wasser halten, Futter für sie steckt", sagt Heidrun Rohr.

In ihrer Heimat sind Papua-Weichschildkröten durch Jagd und das illegale Sammeln ihrer Eier bedroht. Im Riesenschlangen-Fluss hat die gute Schwimmerin Mate nichts zu fürchten - sie fällt nicht ins Beutespektrum der Schlangen, und auch der Gabelbart, ein Raubfisch, nimmt von ihr keine Notiz. Bleibt zu hoffen, dass sich ihr potenzieller Partner zu benehmen weiß, wenn er das erste Mal seine Rüsselnase ins Wasser steckt. Vielleicht sollte er dann zuvorkommend "G`Day, Mate!" blubbern - den gut gelaunten Gruß der Australier, wenn sie auf einen Kumpel treffen.

Lesen Sie nächsten Mittwoch: Königspinguin Opi

Die Kolumne gibt es jetzt auch in zwei Büchern: "Hagenbecks Tierwelt" und "Hagenbecks Tropenwelt", Hamburger Abendblatt edition, jeweils 208 Seiten; beide Bände im Schuber für 17,95 Euro (für Abonnenten des Abendblatts bei Direktbestellung: 14,95 Euro), Einzelbände je 12,95 Euro. Zu bestellen unter www.abendblatt.de/shop oder unter Telefon (040) 34 72 65 66. Auch im Buchhandel erhältlich.