Die Leopard-Flunder ist ein Meister der Tarnung. Daher halten die Tierpfleger bei Hagenbeck immer gut Ausschau bevor sie zum Sauger greifen.

Hamburg. Es ist einer dieser Albträume einer guten Hausfrau und Mutter: Einmal kurz nicht aufgepasst beim täglichen Kampf gegen das Chaos im Kinderzimmer und - fump! - schon hat man den Hamster eingesaugt. Das sollte einem Tierpfleger besser nicht passieren. Und so halten Florian Ploetz und seine Kollegen im Tropen-Aquarium von Hagenbecks Tierpark auch immer besonders gut Ausschau, bevor sie zum Sauger greifen. Nicht nach Hamstern. Sondern nach Bo, der Leopard-Flunder. Einem Meister der Tarnung.

"Manchmal steht einer von uns vor dem Becken und muss sich wirklich anstrengen, die beiden Flundern zu finden", sagt Ploetz. Denn die flachen Fische sind mit ihrer Sandfarbe nicht nur bestens auf dem Grund des Aquariums in der sogenannten Schatzkammer getarnt. Sie graben sich durch ein Fächern mit ihrem Flossensaum auch oft noch im Sand ein, sodass dann nur noch ihre großen Augen herausragen. Die gilt es dann zu finden, bevor die Pfleger für das Saubermachen zum Schlauch greifen.

Der Vorteil: "Wir wissen, wonach wir suchen müssen", sagt Ploetz und lacht. Da die Besucher jedoch meist ahnungslos an die Becken herantreten und die Tiere nicht sehen, haben die Tierpfleger extra ein Schild neben dem Becken angebracht, dass auf die besonderen Fische hinweist.

Leopard-Flundern sind, wie auch ihre heimischen Kollegen in Ost- und Nordsee, am Boden lebende Plattfische. Das natürliche Verbreitungsgebiet von Bothus pantherinus, wie die Fische wissenschaftlich heißen, reicht von den Malediven über den Westpazifik bis hin zum Zentralpazifik. Hier bewohnen sie Korallenriffe, Lagunen und Gebiete mit sandigem oder schlammigem Untergrund. Letzteres ist wichtig für den Lauerjäger: "Die Flundern verstecken sich nicht nur vor ihren Feinden, sondern lauern mit ihrer Tarnung auch Beutetieren auf", sagt Ploetz. Dazu zählen bevorzugt Garnelen, kleinere Fische und Wasserinsekten.

Bei Hagenbeck haben Bo und sein Artgenosse gelernt, Futter an einer langen Pinzette anzunehmen. Ploetz: "Das ist wichtig für unsere Bodenbewohner. Wenn man für die das Futter einfach oben ins Becken werfen würde, wäre es längst von den freischwimmenden Arten weggefressen, bevor es am Boden ankommt." Bei den Leopard-Flundern könnte es sonst im Maul des Regenbogenlippfisches landen, ihrem Mitbewohner. Einem bewusst großen Brocken, sagt Ploetz: "Damit er nicht in das Beutespektrum der Flundern fällt."

Dabei sind Bo und Thus, die vor einem halben Jahr nach Hamburg kamen, noch recht klein: 15 Zentimeter misst der größere Bo, knapp zehn Zentimeter Thus. Ausgewachsen können Leopard-Flundern bis zu 40 Zentimeter groß werden. Doch es ist nicht ihre Größe, die die Fische zu etwas Besonderem macht: Das ist die einzigartige Ausrichtung ihrer Augenpaare.

Leopard-Flundern gehören zu den Linksaugen-Flundern, was bedeutet, dass das rechte Auge der Fische mit dem Heranwachsen auf die linke Körperhälfte wandert. So können Flundern zwar nur auf einer Seite ihres Körpers liegen, aber mit beiden Augen sehen. Leopard-Flundern sind übrigens unter ihresgleichen in der Minderheit: Bei den meisten Flundern liegen die Augen auf der rechten Körperseite, nur bei einem Drittel der Exemplare auf der linken Seite.

Florian Ploetz teilt die Begeisterung der Besucher (wenn sie die Fische einmal entdeckt haben) für die Flundern: "Die gleichen doch wirklich einem fliegenden Teppich!" Einem, der auch noch seine Farbe ändern kann: Je nach Untergrund können die Fische ihre Farbe und die vielen sternenförmigen und blassen Flecken heller oder dunkler werden lassen - und damit ihre Tarnung optimieren. Das geht soweit, dass die Flundern fast transparent erscheinen, wenn sie denn einmal den Boden verlassen und Richtung Wasseroberfläche schwimmen.

Das macht es nicht einfacher für die Hamburger Tierpfleger. Also lautet die Devise: Immer schön die Augen auf beim Saubermachen! Damit es nicht "fump!" macht ...

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