Hansestadt lieh sich schon 1984 Geld bei Einwohnern. Heute heißt es: “Das ist nur für kleinere Kommunen praktikabel.“

Hamburg. Geld kann Freundschaften auch zerstören. Doch wer wählen kann, gibt sein Erspartes wohl am liebsten in Hände, die nicht nur Vertrauen erwecken, sondern auch sympathisch erscheinen. Während Banken derzeit negativ durch Schrottpapiere und Sonder-Boni auffallen, suchen sich einige private Anleger eben neue Freunde. Beispielsweise die Stadt, in der sie leben. In Quickborn jedenfalls ist die Idee, dass Bürger ihrer eigenen Stadt Geld leihen, ein Erfolg: In weniger als 24 Stunden kamen 2,5 Millionen Euro zusammen.

Aber würde das auch in Hamburg klappen, einer Großstadt mit 1,78 Millionen Einwohnern, die auf einen Verschuldungs-Rekord zusteuert? Die Hansestadt steht laut Steuerzahlerbund mit 26 Milliarden Euro in der Kreide - rund 15 000 Euro pro Einwohner.

"Das Modell aus Quickborn enthält sehr viel Liebenswürdigkeit, bietet für eine Stadt wie Hamburg aber keine langfristige Lösung", sagte CDU-Finanzexperte Thies Goldberg. Ein Problem sei die Konkurrenz der Bundesschatzbriefe. Zwar biete Quickborn mit drei Prozent bei einer Anlagedauer von nur einem Jahr einen attraktiven Zinssatz. Auch aus Lokalpatriotismus würden einige Menschen immer "ein paar Taler" investieren. Aber große Investoren - so wie Hamburg sie bräuchte - erhielten aus Anleihen an die Bundesrepublik langfristig höhere Erträge und zudem mehr Sicherheiten. "Der Bund ist als Schuldner verlässlicher als Hamburg", sagt Goldberg. Zudem sei der Aufwand, zahlreiche Kleinkredite zu verwalten, nicht wirtschaftlich.

Diese Erfahrung hat Hamburg bereits vor 25 Jahren gemacht: Beim ersten Hafenausbau brauchte die Stadt dringend Geld und nahm auch Kredite von Bürgern entgegen: "Wegen des sehr hohen Verwaltungsaufwandes wurde seither der Finanzbedarf durch Schuldscheine und Schatzanweisungen gedeckt", sagt Daniel Stricker, Sprecher der Finanzbehörde. Auch sei nicht ohne Weiteres möglich, dass konkrete Projekte durch Kleinkredite gedeckt werden. Das Haushaltsrecht schreibe vor, dass alle Einnahmen zusammen mit den Ausgaben verrechnet werden - Zerstückelungen sind nicht vorgesehen. Stricker: "Private Anleihen sind nur für kleinere Kommunen praktikabel."

Eine andere Gefahr sieht Antje Möller, stellvertretende Fraktionschefin der GAL. Zwar sei die Quickborner Idee als Gedankenspiel charmant. "Das Parlament muss aber für alle Hamburger, ob arm oder reich, die besten Entscheidungen treffen, wie öffentliche Mittel auszugeben sind. Wenn aber vermögende Hamburger maßgeblich Geld für öffentliche Projekte zur Verfügung stellen, könnten damit auch Wünsche und Interessenlagen verbunden sein." Möller: "Dieser Einfluss ist bedenklich."

Ähnliches ist aus der Linksfraktion zu hören. "Banken bieten weniger Sicherheit als früher, richtig ist daher, über alternative Anlageformen nachzudenken", sagt Finanzexperte Joachim Bischoff. Ernsthaft infrage komme das Quickborn-Modell zwar nicht, dennoch: Es sei nicht ausgeschlossen, dass für spezielle Projekte eine Lösung dieser Art realistisch sei: "Ökostrom aus den geplanten Stadtwerken, dieses Projekt wäre doch eine attraktive Wertanlage."