André Schulz, 40, Landesvorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter

1. Hamburger Abendblatt:

Die schweren Attacken am S-Bahnhof Veddel in der Silvesternacht reihen sich ein in eine lange Liste von Gewalttaten beim HVV. Wie sicher ist der öffentliche Nahverkehr in Hamburg?

André Schulz:

Er ist relativ sicher. Die Gewaltbereitschaft in Teilen der Gesellschaft hat aber spürbar zugenommen, und die Angst in Bussen und Bahnen fährt heutzutage leider immer mit. In vielen Fällen sind die Schläger betrunken oder haben andere Rauschmittel konsumiert. Man kann aber mehr Sicherheit schaffen, etwa wenn man wie in New York den Zugang zu den Bahnhöfen durch Schranken erschwert, damit nicht jeder auf den Bahnsteig gelangt. Die Videoüberwachung auf den Bahnhöfen sowie in den Zügen und Bussen ist bereits gut ausgebaut.

2. Aber sie verhindert keine Straftaten. Sie scheint gar keinen Einfluss auf die Täter zu haben.

Schulz:

Man kann trotzdem nicht auf sie verzichten. Bislang konnten fast alle schweren Taten aufgeklärt werden. Die Wahrscheinlichkeit, erwischt zu werden, ist sehr hoch. Man kann aber auch nicht sagen, wie viele Leute sich davon abhalten lassen, etwas zu tun. Außerdem ist die Aufklärung wichtig, damit gerade die Opfer sehen, dass der Staat wehrhaft ist und sie nicht alleine lässt. Man muss ihrem Gerechtigkeitsgefühl Rechnung tragen. Die Täter müssen im Gegenzug dann auch eine unverzügliche und deutlich spürbare Strafe erhalten. Gut wäre es, wenn man die Bilder in Echtzeit auswerten könnte. Die Bürger müssen wissen, dass sie unmittelbar Hilfe erhalten, wenn sie diese auch benötigen.

3. Sollte daher die Videoüberwachung im öffentlichen Raum ausgeweitet werden?

Schulz:

Eine Ausweitung ist meines Erachtens nicht notwendig. Man sollte, wie etwa auf St. Pauli, lediglich an Brennpunkten zu diesem Mittel greifen. Und das dann auch nur zeitlich begrenzt. Zustände wie etwa in London, wo es eine permanente Überwachung des öffentlichen Raumes gibt, ist für Hamburg nicht wünschenswert.

4. Was wäre denn notwendig, um die Sicherheit in Bussen und Bahnen zu erhöhen?

Schulz:

Mehr Personal, sowohl von der Polizei, Bundespolizei als auch von den Betreibern selbst. Wenn vor allem die Beamten in Zivil auf Streife gingen, hätte das eine gute Wirkung. Das müsste auch bekannt gemacht werden. Wenn die Täter sich nicht sicher sein können, kann das durchaus auch abschrecken.

5. Am S-Bahnhof Veddel ist ein Helfer verprügelt worden. Wird das künftig nicht davon abhalten, Zivilcourage zu zeigen?

Schulz:

Das glaube und hoffe ich nicht. Die Leute wollen doch auch, dass ihnen selbst geholfen wird. Also tun sie es auch bei anderen. Unbemerkt die Polizei rufen kann jeder.