Die Behörde plant ein neues Benotungssystem. Die Leistungen in Hauptschulen, Realschulen und Gymnasien sollen so vergleichbarer werden.

Hamburg. Wer auf seinem Zeugnis eine glatte Eins stehen hat, der weiß, wie gut er ist: sehr gut nämlich. Das gilt für den Gymnasiasten ebenso wie für den Real- und den Hauptschüler. Und doch ist der eine definitiv besser als der andere. Um dieses - rechnerisch nicht gerade unkomplizierte - Problem zu lösen, arbeitet die Schulbehörde derzeit an einem neuen Benotungssystem . Nachdem ein System aus 90 Bewertungspunkten anstatt sechs Zensuren bereits im Frühjahr auf heftigen Widerstand stieß, gibt es jetzt einen neuen Vorschlag: das 24-Punkte-System.

Dabei gilt: 24 Punkte sind der höchste Wert, den ein Schüler erreichen kann - also die Eins plus. Alle Punkte darunter sind Abstufungen, bis zur Null. So weit, so gut. Komplizierter wird es wieder beim Vergleich, zumindest auf den ersten Blick. Denn je nachdem, welcher Schulabschluss angestrebt wird, entsprechen die Punkte einer anderen Zensur. Doch dazu später mehr.

Auf den zweiten Blick wird zunächst einmal das Anliegen der Behörde klarer: Sie will die Noten von den drei Leistungsniveaus auf der Stadtteilschule - Hauptschüler, Realschüler, Gymnasiasten - vergleichbar machen.

"Wir brauchen ein transparentes und faires System, das für die heterogene Schülerschaft an den Stadtteilschulen gilt", sagt Staatsrat Ulrich Vieluf. "Mit Noten von Eins bis Sechs ist eine gerechte Bewertung nicht mehr möglich." Rund 200 Experten aus Schulen, Kammern und Behörde kommen am Sonnabend deshalb zu einer Fachtagung zusammen, um dort potenzielle Notensysteme zu diskutieren, die vermutlich ab Klasse 7 gelten sollen. Das neue 24-Punkte-System steht dabei hoch im Kurs, wie es scheint, mehr als ein mögliches Neun- oder 15-Punkte-System. Und auch mehr als das der Gesamtschulen, in denen seit 40 Jahren mit A- und B-Noten operiert wird.

Doch was genau würde sich hinter der Skala von eins bis 24 verstecken? Im Endeffekt drei Notensysteme für drei Leistungsniveaus (siehe Grafik).

Strebt ein Schüler den höchsten Abschluss, den Gymnasialabschluss, an, stehen 24 Punkte für eine Eins plus, 23 für eine Eins, 22 für eine Eins minus, 21 für eine Zwei plus und so weiter. Neun Punkte stehen demnach für die alte Schulnote Sechs.

Macht ein Schüler hingegen den mittleren, einen Realschulabschluss, reichen ihm 21 Punkte, um eine Eins plus zu erlangen, 20 für eine glatte Eins, 19 für eine Eins minus.

Und dementsprechend verhält es sich mit dem ersten allgemeinen, dem Hauptschulabschluss, wobei hier die höchste Note Eins plus schon mit 15 Punkten erreicht ist.

Der eigentliche Sinn der 24er-Skala liegt aber darin, dass alle Schüler zunächst mit den Punkten von eins bis 24 benotet werden. Wichtig wird die Zuteilung zu den Leistungsniveaus erst dann, wenn es darum geht, welchen Abschluss der Schüler macht. Hat er beispielsweise 14 Punkte, so wäre das bei einem Hauptschulabschluss eine Eins. Macht er aber einen Realschulabschluss, hätte er nur eine Drei. Und sollte er in der Oberstufe Richtung Abi streben, müsste er einen Zahn zulegen - in dem Fall entsprächen 14 Punkte nur einer Vier.

"Schüler und Eltern bekommen so ein realistisches Bild darüber, wozu die schulische Leistung reicht", sagt Staatsrat Vieluf. Zu sehen, wie viel Luft nach oben ist, könne für die Schüler ein Anreiz sein, eventuell einen höheren Abschluss anzustreben. Auch die Lehrbetriebe könnten besser vergleichen. Und auf den Gymnasien hätte das System den Vorteil, so Vieluf, dass die Punkte der Schüler, die vor dem Abi abgingen, in Hinblick auf ihren tatsächlichen Abschluss gewertet werden könnten.

Schulleiter, Elternvertreter und die Opposition begrüßten den Entwurf gegenüber dem Abendblatt, äußerten aber auch Bedenken gegenüber der praktischen Umsetzung. "Das System erhöht die Klarheit", sagt Christel Jäger, Leiterin des Corvey-Gymnasiums. "Das Benoten wird für die Lehrer mit den kleinen Schritten aber auch schwieriger."

So fordert auch Dieter Koch, Schulleiter an der Stadtteilschule Horn, dass Kompetenzen und Fähigkeiten den Punkten im Vorfeld möglichst klar zugeordnet werden müssen. Und Bernd Tißler, stellvertretender Schulleiter der Stadtteilschule Barmbek, ist generell der Meinung, dass Worte mehr sagen als Punkte. "Wenn man die Kompetenzen im persönlichen Entwicklungs- und Reifeprozess eines Schülers beurteilen will, sind andere Kriterien notwendig", sagt er. Für die Elternkammer wäre das System ein "Mehrwert" - als zusätzliche Erläuterung im Zeugnis. Arbeiten oder mündliche Noten sollten hingegen nach dem alten Prinzip bewertet werden", so der Vorsitzende Peter Albrecht.

"Noten muss jeder verstehen können und sie müssen praktikabel sein", sagt auch SPD-Schulexperte Thies Rabe. Ob das beim 24-Punkte-System der Fall sei, müsse man diskutieren. Eines steht fest: Im Abschlusszeugnis müssen laut Kultusministerkonferenz stets die alten Noten Eins bis Sechs auftauchen.