Che, den rassigen Cuba-Flamingo im besten Mannesalter, interessiert im Augenblick nur eines: Wann, bitte, wird es endlich warm?

Hamburg. Welch Revolution! Chile und Kuba zusammen, in einem Teich. Während Europa am Nordeingang rumsteht! Was auf den ersten Blick nach einem Aufstand schreit, nach Schnäbelrasseln und Schwingenkreuzen, lässt Che erstaunlich kalt. Ihn, den Cuba-Flamingo im besten Mannesalter, interessiert nur eines: Wann, bitte, wird es endlich warm? Denn bei diesen Temperaturen versagt selbst der feurigste Feder-Lover.

Dabei kribbelt Che und seiner Holden in Hagenbecks Tierpark schon der Lehm unter den Füßen: "Die Brutsaison sollte längst begonnen haben, aber es ist einfach zu kalt", sagt Vogelkurator Walter Wolters. "Ein warmer Sommerregen ist der beste Auslöser für die Flamingos, mit der Brut zu beginnen." Wobei die Betonung auf warm liegt.

So aber stehen Che und sein Weibchen im großen Vogelteich und warten gemeinsam mit ihren 56 Artgenossen, endlich losmatschen zu dürfen. Die Koloniebrüter bauen ihre kegelförmigen Nester nämlich aus Lehm, den sie im flachen Bereich des Teichs anhäufen. Wolters: "Während der 30 Tage dauernden Brut wird der Lehmkegel, auf dessen Spitze bei jeder Brut nur ein Ei liegt, immer höher gebaut." Am Ende sitzen die eleganten Tiere auf ihren graubraunen Türmen in einem Meter Höhe und muten dabei an wie die Besetzer eines extremen Minigolf-Hindernisses.

Ursprünglich kommen die größten Flamingos mit dem kräftig gefärbten Gefieder (im Unterschied zu rosafarbenen Flamingos wie den Chile-Flamingos oder den europäischen Flamingos sind Cuba-Flamingos eher rot) in Lagunen und Salzseen Mittel- und Südamerikas vor. Hier ernähren sie sich hauptsächlich von Kleinkrebsen, ohne die ihr Gefieder auch nicht seine Farbe hätte, wie Wolters erklärt: "Bei uns ist der natürliche Farbstoff in den Pellets enthalten, mit denen wir die Flamingos füttern." Bevor der Zusammenhang zwischen Nahrung und Farbe der Flamingos bekannt war, verblassten die stolzen Tiere in den Zoos dieser Welt.

Die Nahrung nehmen die bis 1,60 Meter großen Vögel mit ihrem besonderen Schnabel auf: Dieser ist geknickt und innen mit Lamellen ausgestattet. Die Flamingos ziehen ihn, mit der Oberseite nach unten, mit pendelnden Halsbewegungen durch das Wasser und filtern dabei Nahrung heraus. Bei Hagenbeck werden sie deshalb auch im Wasser gefüttert: "Die Hälfte des Futters streuen wir in den Teich, aber da warten dann schon die Möwen", sagt Wolters. Und rund 25 Entenarten, mit denen sich die Flamingos seit Carl Hagenbecks Zeiten diesen vorderen Teil des Afrika-Panoramas teilen. Deshalb, so Wolters weiter, wird die andere Hälfte des Futters in tiefe, mit Wasser gefüllte Tröge gegeben, an das dann nur die Flamingos mit ihren langen Hälsen herankommen.

Che wird langsam unruhig. Die Balz könnte jetzt wirklich beginnen! 1978 wurde der stattliche Flamingo-Mann beringt, doch auch ohne Ring wäre er seinem Weibchen treu. "Flamingos sind weitestgehend monogam", sagt Wolters. Beim Balztanz werden die pechschwarzen Flügelunterdecken sichtbar, die man sonst eigentlich nicht sieht. Nur noch im Flug - doch das ist bei Hagenbeck logischer Weise ausgeschlossen: Allen Vögeln, die außerhalb von Volieren gehalten werden, werden zwei Mal im Jahr einseitig die Schwungfedern beschnitten. Verletzt werden die Tiere dabei nicht, doch immer wieder melden Besucher "blutende Flamingos", berichtet Wolters: "Ähnlich wie Tauben füttern Flamingos ihre Küken mit einer speziellen Kropfmilch, und die ist blutrot." Läuft mal was daneben, sieht das natürlich gleich gefährlich aus.

Dabei wird Sicherheit bei den Flamingos großgeschrieben: Die grauen Küken werden in Kindergärten von erwachsenen Flamingos beaufsichtigt. Und die ganze Gruppe schläft nachts sicherheitshalber im Teich - da ist man vor Feinden wie dem Fuchs sicher. Nur droht hier, in unseren Breitengraden, im Winter das Eis - und damit die Gefahr eines Beinbruchs bei den Flamingos. Deshalb werden sie im Winter in eine spezielle Halle neben dem Teich gebracht. Sehr zum Leidwesen mancher Tierpfleger. Wolters: "Denn so wunderschön diese Vögel anzusehen sind - ihre Rufe grenzen an Lärmbelästigung."

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