Der Pinguin - ein Vogel? Die junge Lehrerin guckt ungläubig. Gerade hat ihr Zooschulpädagogin Keike Johannsen etwas von den Stützfedern der Pinguine erzählt, die diese im Schwanzgefieder haben. "Aber wieso Federn ...?", ist im Blick der Klassenlehrerin zu lesen. Für was sie die schwarz-weißen Tiere bisher gehalten hat - Säugetiere? Fische? -, behält sie lieber für sich. "Wissen diesbezüglich voraussetzen", sagt Keike Johannsen und lacht, "kann man bei niemandem." Das habe sie in ihren 25 Jahren bei Hagenbeck gelernt.

Keike Johannsen ist die Leiterin der Zooschule. Hier, 100 Meter hinter Hagenbecks Haupteingang, neben der Elefantenfreilaufhalle, wird Kindern Wissenswertes über Tiere vermittelt. Dass Kinder und Tiere zusammengebracht automatisch ein Selbstgänger sind, kann Johannsen nicht bestätigen. "Die Entfernung der Kinder zur Natur ist größer geworden", sagt die Pädagogin. Als sie 1985 im Tierpark anfing, Führungen für Schulen anzubieten, schaffte sie allein gerade 50 Klassen im Jahr. "Da hatte aber auch jedes Kind schon einmal eine Kuh und einen Ameisenhaufen gesehen", sagt Johannsen. Heute erleben ihre 38 Zooschullehrer, die 2009 rund 1800-mal mit Führungen im Tierpark unterwegs waren, ganz andere Dinge: "Nicht einmal unsere heimischen Vögel kennen die Kinder und Jugendlichen mehr - häufig denken sie, dass die zum Zoo gehören."

Dabei geht die Wissensschere gewaltig auseinander: Durch die immer weniger stattfindenden Berührungen mit der Natur, zum Beispiel durch Waldspaziergänge oder Haustiere, geht den Kindern das elementare Wissen und Verständnis für Tiere verloren. Gleichzeitig können sie mit Spezialwissen aufwarten, das sie durch TV-Serien oder Computerspiele erlangt haben. Johannsen: "Die Kinder haben dann vielleicht durch eine Webkamera schon einmal zu einem Bären in die Höhle geschaut. Aber wie groß das Tier wirklich ist, das kann keiner sagen."

Für diese Vermittlung ist die Zooschule da, die auf ein Lernen mit allen Sinnen setzt. Für viele Kinder ist es unvergesslich, wenn es im Giraffenhaus stinkt, der Löwe keine zehn Meter entfernt brüllt oder die Kinder ein Stück Tigerfell in die Hände nehmen dürfen. Allerdings müssen die Kinder und Jugendlichen dafür auch Geduld aufbringen - und das, so Keike Johannsen, sei eine echte Herausforderung: "Vom Fernsehen sind die Kinder an kurze Spots gewöhnt, und länger am Ball zu bleiben ist nicht erforderlich." Dementsprechend schlecht sei vielfach die Konzentrationsfähigkeit geworden. Doch nicht alles im Fernsehen sei zu verurteilen, betont Johannsen: "Durch die vielen Dokusoaps wurden die Zoo-Vorurteile mittlerweile abgebaut." Als sie mit ihrer Arbeit begann, sei es noch "chic gewesen, Anti-Zoo zu sein". Die Rolle der Tiergärten sei heute deutlich besser in der Bevölkerung anerkannt; die Haltungsbedingungen und die Ausgestaltung der Gehege haben sich tatsächlich verbessert.

Interessierte Lehrer und Privatpersonen können die 90-minütigen Führungen über die Zooschule buchen: unter Telefon 540 53 23