Eine gute Idee zieht Lob und Tadel auf sich: Nutzer des Niendorfer Geheges bilden eine Initiative gegen das geplante Haus des Waldes.

Hamburg. Laut ist es im Niendorfer Gehege. Kinder jagen über den Spielplatz, sie schreien und lachen. 400 sind heute da, auf Einladung der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW) lernen sie Flora und Fauna des Waldes kennen. Auf einem Parcours mit 15 Stationen.

Klarsichtfolien liegen dort und ausgestopfte Tiere. Viel wichtiger ist aber die echte Natur. Für Cordula Wellmann und ihr Team, eine Mischung aus ehrenamtlichen Helfern und Festangestellten, ist Großkampftag. So viele Schulklassen wie heute sind sonst nicht da, "aber wir kommen auch damit zurecht", sagt Wellmann.

Wellmann ist Agraringenieurin und Waldpädagogin - mit Herzblut. Seit 15 Jahren. Jetzt ist sie verbittert. Und ihr Kollege Jan Muntendorf glaubt, er sei "im falschen Film". "Eigentlich dachte ich, wir seien die Guten - wir übernehmen eine gesellschaftliche Aufgabe, erklären Kindern die Natur", sagt Muntendorf. Der SDW nutzt einerseits die Möglichkeiten, die das Gehege ihm bietet. Er leidet andererseits aber auch unter den Gegebenheiten vor Ort. Denn eine zeitgemäße Umweltbildung sei in ihrer "Baracke", wie die Mitarbeiter ihre Räumlichkeiten nennen, nicht machbar. Deswegen soll jetzt ein "Haus des Waldes" her. Ein modernes Gebäude, das als Bildungsstätte fungiert und auf 2860 Quadratmetern Platz für Seminarräume und Gastronomie bietet. Klingt gut - aber längst nicht für jeden.

Seit zwei Monaten läuft eine Bürgerinitiative Sturm gegen das Vorhaben (wir berichteten), hat bereits Tausende Unterschriften für ein Volksbegehren gesammelt, das sich - nach Vorstellung der Initiatoren - gegen das Haus des Waldes aussprechen soll.

"Die Öffentlichkeit weiß nicht, was auf sie zukommt", sagt SDW-Gegner Lucian Neitzel. "Das Gebäude ist zu groß, dazu kommen dann noch Feuerwehrumfahrt, eine Straßenanbindung mit zwei Spuren und 28 Parkplätze." Man erwarte eine Kommerzialisierung des Geheges. Kurz: Die Nutzer des kleinsten Forstes in Hamburg fürchten Schlechtes für ihre grüne Oase.

Völlig unverständlich für die Waldpädagogen. "Unsere Gegner stellen sämtliche Sachverhalte verkürzt dar", sagt Muntendorf, der um das Projekt bangt und nun selbst auf die Niendorfer zugehen will. Etliche von ihnen habe er bereits überzeugt, sagt der 36-Jährige - "manche würden ihre Unterschrift gerne rückgängig machen". Wie umstritten das Projekt ist, zeigt die Haltung des Naturschutzbundes. Der schätzt zwar die pädagogische Arbeit des SDW, Bernd Quellmalz vom Nabu sagt aber auch: "Das 'Haus des Waldes' sehen wir differenziert, nicht alle sind dafür."

Mittlerweile ist die Niendorfer Angelegenheit eine, bei der mit vielen Mitteln gekämpft wird. Unlängst posierte Bundestagskandidat Rüdiger Kruse (CDU), Chef der SDW, in einer Zeitung vor einem Auto mit eingeschlagener Scheibe, das einem SDW-Mitarbeiter (SDW) gehört. Unbekannte hatten insgesamt vier Autos beschädigt. Wer das war, ist völlig unklar. Klar ist nur, dass Kruse durch den Zeitungsbericht nicht ausschließen oder durchaus suggerieren wollte, dass es sich um die Tat von Gegnern des Projekts handelt.