Manchmal ist es ganz schön schwer, seine Meinung in der Hamburger Politik loszuwerden – das weiß jetzt auch Konstanze, 8. Sie hat mit ihren Klassenkameraden aus der 4c der Katholischen Schule Farmsen eine Führung durch das Hamburger Rathaus gemacht.

Manchmal ist es ganz schön schwer, seine Meinung in der Hamburger Politik loszuwerden – das weiß jetzt auch Konstanze, 8. Sie hat mit ihren Klassenkameraden aus der 4c der Katholischen Schule Farmsen eine Führung durch das Hamburger Rathaus gemacht. Eine ihrer ersten Stationen: der Plenarsaal. So heißt der Raum, in dem sich die Hamburger Abgeordneten treffen, um über Politik zu diskutieren und abzustimmen. Dabei sitzen sie auf bequemen Sitzbänken aus Holz und Leder, die in einem Halbkreis stehen. An diesem Tag dürfen die Schüler auf diesen Plätzen sitzen.

Am Rednerpult in der Mitte steht jetzt Konstanze. Sie ist schon auf ein Holzbänkchen gestiegen und muss sich dennoch weiter strecken, um über die drei großen Mikrofone hinauszublicken. Doch dann wird sie ihr Anliegen los: „Ich fordere, dass den Obdachlosen in Hamburg mehr geholfen wird!“ Annika Landmann, 31, die die Klasse durchs Rathaus führt, fragt in die Runde: „Und, wer stimmt ihr zu?“ Alle 22 Mitschüler heben ihre Hände. Konstanzes Vorschlag ist einstimmig angenommen.

Die Schüler haben viele Fragen

So schnell geht es in der echten Politik meist nicht. Bevor sich eine Idee durchsetzt, wird viel geredet. Führerin Annika spielt eine Audio-Datei auf ihrem Smartphone ab, die bei einer echten Sitzung der Hamburger Politiker aufgenommen wurde. Man hört, wie die Abgeordneten laut durcheinanderreden. Dann schrillt eine Glocke, die den Politikern signalisieren soll: Bitte Ruhe! Die Sitzung beginnt! Das ist eigentlich ganz ähnlich, wie in den meisten Schulklassen, erklärt Rathaus-Expertin Annika: Auch bei den Abgeordneten werde „viel mit dem Handy gespielt und geredet“.

Bei der Tour durchs Rathaus haben die Schüler viele Fragen. Zum Beispiel, wohin die Holztür im hinteren Teil des Plenarsaals führt. „Ich kenne leider nicht alle Räume im Rathaus“, gibt die Rathaus-Führerin zu. Das hat aber auch verdammt viele: 674!

„Wo sitzt denn hier der Bürgermeister?“ Das kann Annika Landmann aber wieder beantworten und deutet auf einen Stuhl vorne links im Saal. Dabei fügt sie hinzu: „Der Bürgermeister ist hier allerdings nicht so wichtig. In diesem Raum schauen die Abgeordneten dem Bürgermeister und der Regierung auf die Finger.“

Bei einer Rathaus-Tour gibt es viel über die Politik in Hamburg zu lernen – und außerdem jede Menge zu bestaunen. Schon als die Schüler zu Beginn der Führung über den roten Teppich auf der Treppe in das Hauptgeschoss hochlaufen, wandern die Blicke bewundernd über die prachtvoll verzierten Treppenleuchter und Wandgemälde. Die Schüler werden augenblicklich leiser, fangen an zu flüstern, zücken ihre Smartphones und schießen Fotos. „Das muss ich unbedingt meiner Familie zeigen“, sagt die zehnjährige Leonie.

Viele Fotos werden gemacht

Besonders viel knipsen die Schüler auch im Bürgermeistersaal – denn hier hängt ein drei mal viereinhalb Meter großes Gemälde an der Wand. Es stammt von 1901 und trägt den Titel „Einzug der Senatoren ins Hamburger Rathaus 1897“. In dem Jahr wurde das Rathaus fertig gebaut. Das Bild zeigt bärtige Männer mit schwarzen Mänteln und weißen Halskrausen. „Langweilig“ und „zu dunkel“ kommentiert die Klasse. „Die sehen alle ein bisschen böse aus“, bemerkt eine Schülerin zudem. Nur ein Junge entdeckt dann doch eine positive Seite: „Gefällt mir“, sagt er, „das könnte ich gut bei Ebay versteigern!“

Führerin Landmann erklärt den Sinn der merkwürdig aussehenden Kleidung der Männer: „Die Halskrausen und die Umhänge hatten eine Funktion: So wurde gezeigt, dass die Senatoren eine besondere Rolle hatten. Und dass ihre Person dahinter zurücktritt.“ Auch heute gibt es solche Kleidung noch, etwa bei Richtern oder Pastoren, erzählt die 31-Jährige. Dann dürfen zwei der Schüler selbst mal in Politiker-Kleidung schlüpfen. July, 10, zieht sich ein großes Sakko an, wie es Politiker heute tragen. Malte, 10, darf Halskrause und Umhang anlegen und eine graue Perücke aufsetzen – wie die Politiker von früher. In den viel zu großen Klamotten sehen die beiden ein wenig verloren aus. Die Mitschüler kichern.

Der Höhepunkt ist der Festsaal

Höhepunkt der Rathaustour ist der große Festsaal. „Wow!“ und „Boah!“ rufen die Schüler. Drei riesige Kronleuchter funkeln hier von der Decke, sie wiegen 1,5 Tonnen – „so viel wie ein mittelgroßes Auto“, erzählt Führerin Annika. An den Wänden über den verzierten Toren zeigen riesige Gemälde unter anderem den Hamburger Hafen mit seinen Schiffen und Kränen. Über einem der drei Tore des Saals gibt es einen Extra-Bereich für ein Orchester. „In diesem Saal finden große Festessen statt, außerdem Urkundenverleihungen und Einbürgerungen“, erzählt die Rathaus-Expertin. Nur tanzen dürfe man auf dem Holzboden hier nicht, der sei nicht stabil genug.

Nach der Tour sind alle zufrieden. Krystian, 10, hat vor allem der Festsaal gefallen – und dass man so viel ausprobieren durfte: „Es war gar nicht langweilig.“ Judith, 10, ist von all dem Glanz und Gold überrascht: „Ich hatte nicht gedacht, dass alles hier so prachtvoll ist. Ich dachte, das Rathaus ist ein einfaches Haus. Aber eigentlich ist es sozusagen das Schloss von Hamburg.“

Weitere Informationen: Wer mit seiner Klasse das Rathaus erkunden möchte, muss sich frühzeitig anmelden. Ihr solltet eine Wartezeit von circa zwei Monaten einplanen. Anmeldungen an anmeldungen@bk.hamburg.de. Auch wenn ihr nicht mit der Schule, sondern in kleineren Gruppen das Rathaus erkunden möchtet, könnt ihr euch unter dieser E-Mail-Adresse anmelden. Wer sich vorab schon mal über das Rathaus informieren möchte, kann auch im Internet auf der Seite hamburg.de/rathaus surfen. Hier gibt es unter anderem einen virtuellen Rundgang durch viele der prächtigen Räume.