Die Pfadfinder aus Wandsbek sind Experten in Sachen Natur. Auch das Abendblatt weiß dank ihnen nun mehr über Holzarten, Stämme und fantasievolle Pfadfindernamen.

Vor dem roten Holzhaus an der Hammer Straße in Wandsbek knistert ein Lagerfeuer, Rauchwolken steigen auf. Marley, 16, Lemoî, 11, Polaris, 10, Ementy, 13, und Moeby, 18, haben es sich auf ihren Decken um die Flammen gemütlich gemacht. Jetzt will Moeby, der Älteste, das Wissen seiner Freunde testen. „Was sind die Eigenschaften von Nadelholz?“ Ementy kennt die Antwort: „Brennt schnell an, ist schnell heiß, ist schnell weg.“ Richtig. Noch eine Frage: „Und warum brennt Birkenholz so gut?“ Auch kein Problem für den 13-Jährigen: „Da ist Alkohol drin.“ „Ja, genau. In den Ölen unter der Rinde“, sagt Moeby.

Die fünf Jungs kennen sich nicht nur mit Feuerholz gut aus. Sie wissen, wie man ein Zehnmannzelt aufbaut und wie man Essen über offener Flamme zubereitet. Bei Wanderungen finden sie auch ohne Karte und Google Maps den richtigen Weg. Marley, Lemoî, Polaris, Ementy und Moeby sind Pfadfinder.

Die Bewegung wurde vor mehr als 100 Jahren erfunden

Die Pfadfinder sind eine Jugendbewegung, die vor mehr als 100 Jahren in England erfunden wurde. Inzwischen gibt es Pfadfinder auf der ganzen Welt. Ihr Ziel: sich in der Gemeinschaft zu besseren Menschen entwickeln. Menschen, die höflich, fröhlich, hilfsbereit sind. Die Verantwortung übernehmen.

Und natürlich geht es auch darum, zusammen Spaß zu haben. Den haben Pfadfinder vor allem draußen in der Natur. Sie machen Ausflüge, „auf Fahrt gehen“ heißt das bei ihnen. Sie wandern, zelten, sitzen abends am Lagerfeuer und singen Lieder. Kleine Fahrten ins Hamburger Umland dauern ein Wochenende. Bei den großen Fahrten, kurz „GroFas“, geht es dagegen für mehrere Wochen ins europäische Ausland. Die Wandsbeker Pfadfinder waren zum Beispiel schon zusammen in Schweden, Frankreich und Lettland.

Und sie haben immer nur die nötigsten Dinge dabei – das ist ein weiterer Grundsatz der Pfadfinder. Kein Handy, kein Schnickschnack. „Wenn wir losziehen, nehmen wir nur die Zeltplane, Kochgeschirr und ein bisschen Wäsche im Rucksack mit. Und die Gitarre!“, sagt Kasper. Mit 23 ist er einer der „alten Säcke“ in der Wandsbeker Pfadfindergruppe, zu der auch die fünf Jungs am Lagerfeuer gehören. Bei Pfadfindern heißt es allerdings nicht Gruppe, sondern Stamm. Und der Stamm in Wandsbek trägt den Namen Mizar Alkor. Im Stamm gibt es wiederum mehrere Sippen, das sind kleine Untergruppen. Die Jungs gehören zu der Sippe mit dem Namen Capella.

Kasper, Ementy – komische Namen, oder? Das liegt daran, dass jeder Pfadfinder auf einen besonders fantasievollen Pfadfindernamen getauft wird. Im echten Leben heißt Kasper Norman, Ementy heißt Tobias. Doch in Pfadfinderkreisen spricht man sich nur mit den Spitznamen an.

Alle tragen das gleiche blaue Hemd

Neben den Namen gibt es noch andere Besonderheiten. Zum Beispiel tragen alle Pfadfinder das gleiche blaue Hemd. „Das ist ein Zeichen dafür, dass wir alle gleich sind und wir uns mit Respekt behandeln“, erklärt Kasper. Zu den Hemden haben sich die älteren Tücher um den Hals gebunden. Das zeichnet diejenigen aus, die schon eine Führungsrolle haben: Sippenführer tragen ein blau-oranges Halstuch, ihre Stellvertreter ein orangefarbenes.

Einige fragen sich jetzt vielleicht: Gibt es denn eigentlich auch Mädchen bei den Pfadfindern? Klar! Während die Jungs draußen am Feuer über Holz fachsimpeln, sitzen im Obergeschoss des Hauses sieben Mädchen im Kreis. Sie gehören zum Stamm Orithya, der ab und zu im Heim des Jungs-Stammes Mizar Alkor zu Gast ist. Heute basteln sie Hausschuhe und malen sie selbst an. Cygu, 11, und Quenya, 13, – mit eigentlichen Namen Emily und Laura – sind seit drei Jahren dabei. Sie fühlen sich pudelwohl in ihrer Pfadfinder-Familie. „Man geht anders miteinander um als zum Beispiel in der Schule“, sagt Quenya. „Hier wird einem zugehört.“ Und am Lagerfeuer spreche man auch über andere Themen als auf dem Pausenhof. „Dort geht es viel um Schuhe und Mode. Das ist hier kein Thema.“ „Höchstens Wanderschuhe“, ergänzt Cygu.

Der 23-jährige Kasper versteht gut, was die Mädchen meinen. Seine Verbindungen zu den verschiedenen Stämmen aus seiner Jugend bestehen noch immer. „Das sind mehr als 400 Leute. Egal in welcher Stadt ich bin, über mein Netzwerk finde ich immer jemanden, bei dem ich übernachten kann.“ Für die Pfadfinder ist klar: Die besten Freundschaften werden am Lagerfeuer geschlossen.

Weitere Informationen:

Um Pfadfinder zu werden, muss man kein spezielles Training oder einen Kurs besuchen – man lernt alles, was man wissen muss, in der Gruppe durch Selbstausprobieren. Am besten also einfach vorbeischauen.

Gruppe finden Es gibt viele verschiedene Pfadfinderstämme in Hamburg. Wenn man wissen möchte, welcher davon ganz in der Nähe ist, hilft im Internet die Seite der Arbeitsgemeinschaft Hamburger Pfadfinderverbände, kurz AHP: www.a-h-p.de. Unter dem Punkt „Wo finde ich Pfadfinder?“ gibt es eine Landkarte, auf der alle Stämme in Hamburg und Umgebung angezeigt werden.

Die Sippe Capella in Wandsbek trifft sich immer donnerstags um 17 Uhr in ihrem Stammesheim in der Hammer Straße 126. Nach zwei oder drei Probeabenden bei den „Pfadis“ muss gegebenenfalls eine Anmeldung ausgefüllt werden. Bei den Wandsbeker Pfadfindern beträgt der Jahresbeitrag 60 Euro, der variiert aber von Stamm zu Stamm. Wer mehr über den Wandsbeker Stamm „Mizar Alkor“ erfahren will, schaut mal auf deren Internetseite: www.mizar.de. Man kann den Pfadfindern aber natürlich auch eine Mail schreiben: info@mizar.de