Weniger Geld für Beamte, höheres Rentenalter, steigende Mehrwertsteuer: Wo die Staaten in Europa den Rotstift zum Sparen ansetzen.

Hamburg. Sparen ist das Gebot der Stunde: Das warnende Beispiel Griechenlands veranlasst die Regierungen in Europa, gegen die stetig wachsenden Staatsschuldenberge anzukämpfen. Zwischen 2010 und 2012 wollen die Euro-Länder nach aktuellen Berechnungen der Commerzbank ihre Budgetdefizite um zusammen fast 200 Milliarden Euro verringern. In der Bundesregierung wird derzeit noch diskutiert, wo man den Rotstift konkret ansetzen will. Mehr Klarheit dürfte eine Klausurtagung am 6. und 7. Juni bringen. Vor diesem Hintergrund hat das Abendblatt zusammengestellt, was andere Staaten in Europa an Maßnahmen planen oder bereits beschlossen haben.

Griechenland: Bis 2012 müssen die Griechen 30 Milliarden Euro einsparen, um die Bedingungen für das Rettungspaket der EU und des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu erfüllen. Vorgesehen sind vor allem harte Einschnitte bei Staatsbediensteten. So werden die Gehaltszuschüsse, die bis zu 80 Prozent der Einkommen ausmachen können, um acht Prozent gekürzt. Allen Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes, die monatlich mehr als 3000 Euro brutto verdienen, wird das 13. und 14. Gehalt komplett gestrichen. Beschäftigte mit geringeren Einkommen erhalten dafür Einmalzahlungen von zusammen 1000 Euro zu Weihnachten, zu Ostern und für den Urlaub. Außerdem wird für unbestimmte Zeit ein Einstellungsstopp für den öffentlichen Sektor verhängt.

Aber nicht nur bei den eigenen Angestellten spart der Staat: Bei den Rentnern fallen die 13. und 14. Monatsbezüge weg. Pensionäre, die weniger als 2500 Euro im Monat erhalten, bekommen dafür Einmalzahlungen von insgesamt 800 Euro jährlich. Künftig wird erst nach 40 Berufsjahren eine Rente gezahlt, bisher genügten dafür mindestens 35 Jahre. Darüber hinaus steigt die Mehrwertsteuer von 21 auf 23 Prozent. Tabak, Spirituosen und Kraftstoff werden höher besteuert, ebenso wie Autos, zudem fällt auf hohe Einkommen eine Sondersteuer an.

Spanien: Mit 169 zu 168 Abgeordnetenstimmen brachte die Regierung von Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero ihr heftig umstrittenes Sparprogramm im Umfang von insgesamt 65 Milliarden Euro, verteilt über drei Jahre, durchs Parlament. Noch in diesem Jahr sollen die Einkommen von Staatsbediensteten um fünf Prozent gekürzt werden, im kommenden Jahr steht bei den Beamten ebenso eine Nullrunde an wie bei den Rentnern. Im öffentlichen Dienst sollen 13 000 Stellen wegfallen. Im Juli steigt die Mehrwertsteuer, wie schon seit Längerem beschlossen, von 16 auf 18 Prozent, die Babyprämie von 2500 Euro pro Geburt wird abgeschafft. Zapatero denkt außerdem über eine Reichensteuer nach - und macht beim Sparen auch vor sich selbst nicht halt: Die Gehälter der Kabinettsmitglieder sinken um 15 Prozent. Trotz der Sparbemühungen stufte die Ratingagentur Fitch am Freitag Spaniens Kreditwürdigkeit von der Bestnote "AAA" auf "AA plus" zurück.

Portugal: Ministerpräsident José Sócrates konnte sich mit der Opposition auf ein Sparprogramm einigen, das unter anderem eine Anhebung der Mehrwertsteuer von 20 auf 21 Prozent umfasst. Auch die Einkommenssteuer soll um bis zu 1,5 Prozentpunkte steigen, ausgenommen sind nur Geringverdiener. Auf Unternehmensgewinne wird eine zusätzliche "Krisensteuer" von 2,5 Prozent erhoben. Politiker und Chefs öffentlicher Unternehmen verdienen künftig fünf Prozent weniger. Auch der geplante Bau des neuen internationalen Flughafens in Lissabon fällt nun dem Rotstift zum Opfer.

Italien: Regierungschef Silvio Berlusconi plant Einsparungen von insgesamt 24 Milliarden Euro verteilt auf zwei Jahre. Gemäß dem von der Regierung in Athen verabschiedeten Programm werden unter anderem die Gehälter im öffentlichen Dienst für drei Jahre eingefroren, Minister und andere Spitzenverdiener im Staatsdienst müssen Einkommenseinbußen hinnehmen. Um die Einnahmen zu erhöhen, will man die Steuerhinterziehung stärker bekämpfen und dazu unter anderem alle Bauten registrieren. Transferzahlungen an Regionalverwaltungen sollen in den kommenden drei Jahren um rund zehn Milliarden Euro gekürzt werden, was Gebührenerhöhungen für die Bürger nach sich ziehen dürfte.

Frankreich: Regierungschef François Fillon hat drastische Sparmaßnahmen angekündigt: Die Staatsausgaben sollen für die nächsten drei Jahre eingefroren werden, ausgenommen sind nur Renten und Zinszahlungen. Die Kosten für die Verwaltung sollen im gleichen Zeitraum um zehn Prozent sinken. Jede zweite frei werdende Stelle im öffentlichen Dienst wird nicht mehr besetzt. Staatspräsident Nicolas Sarkozy kündigte an, verschiedene Hilfen für Familien und Geringverdiener abzuschaffen. Außerdem will er das Renteneintrittsalter von aktuell 60 Jahren heraufsetzen, wogegen es heftige Proteste gibt.

Dänemark: Wie die Regierung in Kopenhagen in dieser Woche mitteilte, sollen umgerechnet rund 3,2 Milliarden Euro eingespart werden. Demnach sollen die Gehälter für Minister um fünf Prozent sinken, der Anspruch auf Arbeitslosengeld verringert sich von vier auf zwei Jahre. Darüber hinaus ist vorgesehen, Steuererleichterungen für Reichere sowie Familienzuschüsse auszusetzen. Das Kindergeld soll auf 4000 Euro pro Jahr und Familie begrenzt werden.

Großbritannien: Die neue britische Koalitionsregierung will allein in diesem Jahr umgerechnet gut sieben Milliarden Euro einsparen - und sie fängt damit bei sich selbst an: Minister sollen künftig keine eigenen Dienstwagen und Fahrer mehr haben. Beschlossen ist ein weitgehender Einstellungsstopp im öffentlichen Dienst. Geplant ist zudem, Sozialhilfeempfänger daraufhin zu überprüfen, ob sie tatsächlich arbeitsunfähig sind oder nicht. Die Kapitalertragssteuer steigt von 18 auf 40 Prozent. Noch deutlich weiter gehende Sparanstrengungen wird ein Nothaushalt vorsehen, der voraussichtlich gegen Ende Juni vorgestellt werden soll.