Erst verkündet Bürgermeister Ole von Beust, die Stadt habe über ihre Verhältnisse gelebt und stünde vor “gigantischen Haushaltsproblemen“, dann wird bekannt, die Schulreform werde noch teurer.

Hamburg. Es ist eine seltsame Parallelität der Ereignisse: Erst verkündet Bürgermeister Ole von Beust, die Stadt habe über ihre Verhältnisse gelebt und stünde vor "gigantischen Haushaltsproblemen", dann wird bekannt, die Schulreform werde noch teurer und koste mindestens 464 Millionen Euro. Und nicht einmal 24 Stunden später feiert die Stadt Richtfest für die Elbphilharmonie, die den Steuerzahler nach aktuellem Stand mit 323 Millionen Euro belasten wird. Es dürfte bessere Zeitpunkte für Blut-Schweiß-und-Tränen-Reden geben.

Denn nun schlägt die Stunde der Vereinfacher. Darf man in diesen Zeiten noch Reformen anschieben oder gar ein neues Wahrzeichen bauen? Man darf es nicht nur, man sollte es sogar. Gerade das Konzerthaus im Hafen ist eben kein Prestigeprojekt der oberen Zehntausend, sondern ein steinernes Aufbruchsignal. Im Wettbewerb der Metropolen, den die Krise verschärfen wird, werden die Mutigen und Interessanten gewinnen. Wie ein Bau eine Stadt beleben kann, hat das Guggenheim-Museum von Frank O. Gehry in Bilbao gezeigt: Dieser Bilbao-Effekt kann nun Hamburg beflügeln. In Zeiten knapper Kassen müssen große Projekte nicht gestoppt werden, sie müssen nur besser kalkuliert werden. Entscheidend ist die Frage nach der finanziellen Nachhaltigkeit. Bringen die Investments eine höhere Rendite für die Wirtschaft der Stadt als die Kapitalkosten, die sie verursachen?

Genau dieser Punkt droht im Sparstakkato dieser Tage unterzugehen. Ausgerechnet die Politiker, die in Zeiten des Wachstums sich mit dem Sparen zu viel Zeit ließen, wollen nun am Ende der Rezession brutalstmöglich zurückschneiden, kappen oder Steuern erhöhen. Jene, die Aufbruch stiften müssten, benehmen sich wie Abbruchunternehmer. Geradezu masochistisch legen einige die Schalter um von Steuerverschwendung zum Kaputtsparen. Dabei bleibt nicht nur die Vernunft auf der Strecke, sondern auch der Aufschwung. Heulen und Zähneklappern selbst ernannter Sparkommissare verunsichern Bürger und Investoren. Die deutsche Binnenkonjunktur, auf die Europa hofft, droht wegzubrechen.

Stattdessen sollte sich die Politik an Unternehmen orientieren - auch die sparen in schlechten Zeiten, aber weder verschrecken sie dabei ihre Kunden noch stellen sie das Investieren ein. Nun muss die Politik prüfen, wo Geld fehlinvestiert wird oder in Verwaltung und Bürokratie versickert. Das beginnt bei kleinen Gremien wie der neuen überflüssigen Arbeitsstelle Vielfalt und endet in den großen Strukturen. Wenn es wirklich keine Spartabus mehr gibt, muss sich von Beust sogar ernsthaft dem Thema Nordstaat stellen.