Das Land kämpft gegen den wirtschaftlichen Absturz und hohe Arbeitslosigkeit. Die Herabstufung der Bonität sorgt für Fassungslosigkeit

Madrid/Berlin. Die Hiobsbotschaft kam genau drei Minuten vor Börsenschluss. Nicht nur Portugal, sondern auch Spanien habe an Kreditwürdigkeit eingebüßt, so befanden die Analysten von Standard & Poor's (S&P) und senkten die Note für die Bonität des Landes.

Diese Nachricht schickte die Madrider Börse auf Talfahrt. Die Märkte machen sich Sorgen, dass Spanien als nächstes Land unter seiner Schuldenlast kollabieren wird. Die Folgen wären verheerend, denn Spanien ist die viertgrößte Volkswirtschaft der Eurozone.

In Madrid reagierte die Politik mit Fassungslosigkeit auf die Nachricht. Plötzlich fand sich die Regierung von José Luis Rodríguez Zapatero in der Rangfolge der verlässlichsten Schuldner der Eurozone auf Platz neun - hinter dem kleinen Slowenien. Am Morgen noch hatte Zapatero im Parlament prophezeit, dass sein Land jetzt endlich aus der Rezession komme. Er sehe klare Indizien für eine Erholung, so der Regierungschef. Die Analysten von S&P offenbar nicht. Es werde wohl über längere Zeit ein nur schwaches Wachstum in dem Land geben, so begründete die Ratingagentur die Herabstufung der spanischen Bonität.

Noch am selben Abend, nachdem S&P dieses Urteil gefällt hatte, musste Zapateros rechte Hand, Vizepräsidentin und Regierungssprecherin María Fernández de la Vega, Bürger und Anleger beruhigen. "Wir wissen, wie wir unsere Hausaufgaben zu machen haben", sagte de la Vega trotzig.

Spanien kämpft nach einer rasanten ökonomischen Aufholjagd mit gewaltigen wirtschaftlichen Problemen. Zuletzt war das Wachstum aber künstlich aufgebläht durch eine unkontrolliert wachsende Blase auf dem Immobiliensektor. Mit der Finanzkrise ist diese Blase geplatzt und hat die Wirtschaft ins Wanken gebracht. 2009 ist die spanische Wirtschaftsleistung um 3,7 Prozent gesunken und die Arbeitslosigkeit von acht Prozent im Jahr 2007 auf 20 Prozent gestiegen, die Jugendarbeitslosigkeit sogar auf gewaltige 40 Prozent.

In der Krise geriet auch der Staatshaushalt aus den Fugen, der bis dahin vorbildlich geführt war und sogar Überschüsse erzielt hatte. Im vergangenen Jahr lag das Haushaltsdefizit wegen eines großen Konjunkturprogramms bei 11,2 Prozent, und der spanische Staat ist mit 62 Prozent seiner Wirtschaftsleistung verschuldet. Allerdings liegt dieser Wert immer noch weit unter dem EU-Durchschnitt von 84 Prozent. Deutschland ist mit 75 Prozent verschuldet. Zudem hat die Regierung ein ambitioniertes Sparprogramm verkündet. Dadurch soll bereits in diesem Jahr das Defizit auf 8,4 Prozent sinken. Die Neuverschuldung soll bis 2013 wieder auf das zulässige Niveau von drei Prozent gedrückt werden.

Die spanische Regierung hatte auch deshalb gehofft, dass die Ratingagenturen auf eine Herabstufung verzichten würden. Entsprechend missmutig reagierte der Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, David Campa. "Es überrascht uns doch sehr, wie schlecht die Wachstumsprognosen für unser Land ausfallen. Die Ratingagentur kann sich auch mal täuschen", hieß es in Regierungskreisen unter Verweis auf die Lehman-Krise.

Noch sechs Tage vor der Pleite der US-Investmentbank hatte S&P die Liquidität des Instituts als ausreichend bewertet. Die neue Bonitätsnote macht es für Spanien schwieriger, die Staatsfinanzen in Ordnung zu bringen. Bereits am Donnerstagmorgen haben Investoren höhere Risikoaufschläge für Anleihen des Königreichs gefordert. Spanien müsste für neue Anleihen rund 4,3 Prozent an Zinsen auf den Tisch legen, 1,27 Prozent mehr als die Bundesregierung. Zu Wochenbeginn hatte die Differenz noch bei einem Prozent gelegen. Ein wichtiger Test steht im Juli an. Dann muss das Schatzamt nämlich 27 Milliarden Euro aufnehmen, um fällige Schulden zu bedienen.

Während die Bürger auf der Straße die neue Nachricht eher mit Gleichmut aufnahmen, schießen sich die spanischen Medien auf Marko Mrsnik ein, den S&P-Analysten, der für die Abwertung der spanischen Bonität verantwortlich ist. Der Mann genieße offenkundig das Scheinwerferlicht, das habe man zu Wochenbeginn gesehen, als er die griechischen Staatsanleihen auf Ramschstatus herunterstufte, wetterte die Zeitung "El Mundo".

Die Ratingagentur Standard & Poor's wehrte sich gegen die Kritik an ihren schlechten Noten für die Schuldensünder Griechenland, Portugal und Spanien. "Was wir zurzeit sehen, ist ja keine neue Tendenz: Seit dem Sommer 2004 sehen wir ausschließlich Herabstufungen der Ratings in der Euro-Zone", sagte der S&P-Europachef für Länderrating, Moritz Kraemer, der Nachrichtenagentur dpa. Was die Analysten jetzt zur Herabstufung veranlasst habe, habe vor allem mit den Perspektiven für die wirtschaftliche Entwicklung in den kommenden Jahren zu tun. " Die Zinskosten für Griechenland hätten sich erhöht. Griechische Anleihen werden nur noch mit "BB+" bewertet, was Ramschstatus entspricht.

Die Spanier bleiben bei ihrer Skepsis gegenüber dem Analysten Mrsnik. Er sei Slowene, kein Wunder also, dass er seinem Land eine bessere Note als Spanien gebe.