Matthias Grünewald, Altarbild, Colmar, 1516

Ein Kunstwerk, das mir viel bedeutet und mich schon über viele Jahre begleitet, ist die Darstellung des auferstandenen Christus von Matthias Grünewald. Der Renaissance-Maler schuf das Bild mit leidenschaftlicher Hingabe 1512 bis 1516 für den Isenheimer Altar. Es ist ein Meisterwerk abendländischer Kunst, und wohl kaum ein Betrachter kann sich seiner Wirkung entziehen. Das Bild habe ich seit Jahrzehnten in meinem Arbeitszimmer vor mir. Der Auferstandene verlässt frei schwebend das Grab, in das er gelegt worden war. Die Wächter liegen überwältigt am Boden. Das Licht, das vom Auferstandenen ausgeht und ihn umgibt, leuchtet strahlender als die Sonne. Die Wundmale an Händen und Füßen sind zwar noch erkennbar, aber sie sind verklärt und leuchten. Der Auferstandene blickt den Betrachter liebevoll an, strahlt große Zuversicht und inneren Frieden aus. Den sterbenskranken Menschen, die damals in das Isenheimer Spital gebracht wurden, sagte dieses Bild: Das Leid, das du zu tragen hast, hat nicht das letzte Wort; auch die Wunden deines Lebens werden im Geheimnis von Tod und Auferstehung Jesu Christi verwandelt und geheilt werden.

Die Darstellung des Auferstandenen am Isenheimer Altar, der in Colmar im Elsass, nah meinem Bischofssitz Freiburg aufgestellt ist, ist wohl das bekannteste Auferstehungsbild. Über Jahrhunderte hinweg hat es Menschen angesprochen, angerührt und getröstet. Es scheint, als habe Matthias Grünewald die zugegeben dürftigen Berichte der Auferstehung in den Evangelien für uns mit leuchtendem Pinsel gemalt. Diese Darstellung entlockt dem Text so viel und hilft uns als Betrachtenden, das Geheimnis der Auferstehung zu erspüren.

Kunst hat zu allen Zeiten die Botschaft des Evangeliums zum Klingen gebracht. Diesen Dialog zwischen Kunst und Glauben fördern wir in der Erzdiözese Freiburg mit dem Kunstpreis. Der Brückenschlag zwischen moderner Kunst und Evangelium ist heute ebenso wichtig wie zu Zeiten Matthias Grünewalds. Künstlerisch ist auch der Brückenschlag zwischen Hamburg und Freiburg gelungen: Der Preisträger Otfried Kallfass, dessen Werk "Pappmonstranz" den diözesanen Kunstpreis gewonnen hat, ist in Hamburg tätig!