Nach 30 Jahren Geburtenrückgang hat sich in Deutschland eine "Kultur der niedrigen Fertilität" (= Fruchtbarkeit) entwickelt und verfestigt, so die These der Rostocker Bevölkerungswissenschaftler Wolfgang Lutz und Nadja Milewski vom Max-Planck-Institut für demografische Forschung. Schon die Eltern der jungen Deutschen "wurden in einem Umfeld kleinerer Familien und höherer Kinderlosigkeit sozialisiert", das färbe auf die nächste Generation ab. Indizien für eine "kinderferne Kultur" findet man täglich. Als Beispiel nennen die Forscher, daß es kaum noch Fernseh-Serien mit (Groß-)Familien gebe.

Sichtbar ist der Wandel auch bei den Leitfiguren des öffentlichen Lebens. Menschen mit Kindern - aktive Mütter oder Väter - sind in den Parteispitzen von CDU, SPD, der Grünen und der FDP selten geworden, vor allem unter den Spitzenpolitikerinnen von SPD, FDP und Grünen. Nur zwei der sechs Bundesministerinnen haben Kinder (Renate Schmidt 3, Ulla Schmidt 1), nur noch vereinzelt werden "Vorzeigemütter" in die Parteispitzen gefördert. Unter vier Parteivorsitzenden sind drei kinderlos (Westerwelle, Merkel, Claudia Roth). Die Bürgermeister von Hamburg und Berlin repräsentieren deutlich, daß familienferne Singles bei einer Wählermehrheit hohe Akzeptanz finden.

Noch ein Beispiel: die Comedy-Szene. Kinder werden nicht erwähnt oder gezeigt. Immerhin bringen es Ingo Appelt, Anke Engelke, Piet Klocke, Bastian Pastewka, Stefan Raab, Atze Schröder, Olli Dittrich, Wigald Boning, Ingolf Lück, Barbara Schöneberger und Cordula Stratmann auf zusammen 11 Kinder. Aber nur eine der vier Frauen hat ein Kind, die Männer bringen es zusammen auf 10. Wüßten Sie, wer es ist?

Das Fernsehen feiert die wunderbare Welt der Singles. Auch die der schwulen Singles, obwohl "Brisko Schneider" (Bastian Pastewka, l.) nur eine Parodie ist. Familie ist eher ein Witz- oder Gruselthema: die Erziehungsmethoden "alternativer" Eltern oder die Krisenhilfe der Super-Nannys.