Robert (49), Anwalt, ist seit 12 Jahren mit Iris (46), Hausfrau, verheiratet.

"Kinder? Ich habe nie welche gewollt. Ich bin ein Einzelkind. Ein von einer verwitweten Mutter auf Händen getragener Sohn. Verwöhnt. Ja. Mit Pascha-Allüren. Ich hab' immer zu Hause gewohnt, auch während des Studiums. Eine glatte Karriere. Eine erfolgreiche Kanzlei. Iris habe ich spät geheiratet, mit 37. Sie war 34. Es war kein lang überlegter Entschluß. Mehr so eine spontane Laune. Ich bin grauenhaft eifersüchtig. Iris sieht einfach toll aus, ist umschwärmt. Darauf war ich stolz. Es hat mich aber auch rasend gemacht. Irgendwann hat Iris mal gesagt: Heirate mich doch, dann hast du deine Ruhe. Es war Besitzgier. Ich wollte sie für mich alleine haben. Aber es gab kein Ende der Eifersucht. Ihre Freundinnen, ihr Hund . . . Ich habe sogar die Telefonanrufe abends kontrolliert. Krank, oder?

Kinder wollte ich ganz bewußt NICHT. Ich wollte Iris nicht teilen. Und sie wollte auch keine Kinder. Ihr hing die weinerliche, vorwurfsvolle Stimme ihrer Mutter im Ohr: Euretwegen (Iris hat vier Geschwister) habe ich auf alles im Leben verzichtet.

Wir wollten beide auf nichts verzichten. Das hört sich wahnsinnig egoistisch an. Aber es war so. Wir hätten in unserem Leben, wie wir es leben wollten, keinen Platz gehabt für Kinder. Wir waren und sind immer noch ein Traumpaar. Geld, eine stilvolle Wohnung, Partys, Picknicks, Reisen. Und abends allein zu Hause mit Kerzenlicht, Wein und so. Das hört sich, wenn man das so erzählt, na ja, oberflächlich an.

Zwei Jahre nach der Heirat war Iris schwanger. Sie nahm die Pille, aber irgendwas war da schiefgelaufen. Sie hat abgetrieben. Iris hat es mir erst später erzählt. Es war passiert. Wir wollten keine Kinder.

Durch ihre vielen Geschwister hat Iris reichlich Nichten und Neffen, an denen sie hängt und mit denen sie viel unternimmt. Mit ihrer jetzt erwachsenen Patentochter hat sie ein sehr enges Verhältnis. Mir fehlt dieser Teil von ihr. Das Gelächter am Telefon. Die gemeinsamen Einkaufstouren. Ich kann mit 49 immer noch nicht gut teilen. Darüber gibt es manchmal Krach. Und darüber, daß ich denke, daß Iris mit ihrer besten Freundin ihre Probleme bespricht und nicht mit mir.

Übers Kinderkriegen haben wir schon seit Jahren nicht mehr gesprochen. Ich denke, wenn sie noch einmal schwanger geworden wäre, wäre es auch okay gewesen. Die Entscheidung wäre mir abgenommen worden. Das läßt mich, wenn ich das jetzt so sage, in keinem guten Licht erscheinen, aber es ist so. Diese passive Haltung ist einfach drin und steht wie eine Wand zwischen uns. Kinder? Wir hätten unsere Entscheidung vielleicht doch revidieren sollen. Jetzt ist es zu spät."

Interviews: aufgezeichnet von Heike Gätjen (2) und Irene Jung (1). Auf Wunsch unserer Interviewpartner haben wir ihnen Anonymität zugesichert. Die Journal-Redaktion