Es gebe noch viele offene Fragen im Heilbronner Polizistenmord. Nach viereinhalb Jahren Ermittlungen sei es wichtig, gewissenhaft vorzugehen.

Stuttgart/Heilbronn. Nach dem Ermittlungserfolg im Heilbronner Polizistenmord sieht die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) noch viele offene Fragen. "Ich warne ein bisschen davor, so weit vorzupreschen und den Schluss zu ziehen, der Fall sei aufgeklärt“, sagte der DPolG-Landesvorsitzende Joachim Lautensack am Mittwoch in Stuttgart. Damit distanzierte er sich vom Stuttgarter Generalstaatsanwalt Klaus Pflieger. Dieser hatte am Dienstag erklärt, der Fall sei weitgehend aufgeklärt.

Hin und wieder komme es vor, dass Politiker oder Staatsanwälte eine frühe Einschätzung zu einem Fall abgeben, sagte Lautensack: "Wir hätten uns halt gewünscht, wir hätten in aller Ruhe und ohne äußerlichen Druck ermitteln können.“ Nach viereinhalb Jahren Ermittlungen sei es wichtig, gewissenhaft vorzugehen.

Lautensack betonte, die Polizei habe "alle Zeit der Welt“, den Fall "konsequent durchzuermitteln“. Das sei in diesem Fall besonders ratsam, da bei den Ermittlungen in den vergangenen Jahren "nicht alles ganz gut gelaufen“ sei. Die Ermittler hatten monatelang ein Phantom gejagt, bis sich im März 2009 herausstellte, dass die mysteriöse Genspur beim Verpacken von Wattestäbchen entstanden war, die für die Untersuchung von DNA-Spuren benutzt wurden.

Generalstaatsanwalt Pflieger hatte gesagt, er sei überzeugt, dass zwei tot aufgefundene mutmaßliche Bankräuber zu den Tätern gehören. In dem ausgebrannten Wohnmobil der beiden Männer im thüringischen Eisenach waren neben ihren Leichen auch die Dienstwaffen und weitere Utensilien der im April 2007 niedergeschossenen Polizisten gefunden worden.

+++ Bislang keine Parallele zwischen den Polizistenmorden +++

+++ Gesuchte Frau aus Zwickau hat sich der Polizei gestellt +++

+++ Was machte die Dienstwaffe der Polizistin im Wohnmobil? +++

Mutmaßliche Komplizin ist in Untersuchungshaft

Die mutmaßliche Komplizin der wegen Polizistenmordes in Heilbronn und Bankraubs verdächtigen Täter sitzt in Untersuchungshaft. Gegen die 36-Jährige erging Haftbefehl wegen Verdachts der schweren Brandstiftung, wie der Leiter der Zwickauer Staatsanwaltschaft, Uwe Wiegner, am Mittwoch auf einer Pressekonferenz mitteilte.

Die Ermittler gehen davon aus, dass die 36-Jährige. am vergangenen Freitag eine Doppelhaushälfte in Zwickau mit Brandbeschleuniger in Brand gesetzt und eine Explosion herbeigeführt hatte. Sie hatte sich am Dienstag der Polizei gestellt und verweigert die Aussage. Sie wohnte in dem später zerstörten Haus mit den beiden mutmaßlichen Bankräubern, bei denen die Dienstwaffen der 2007 in Heilbronn getöteten Polizistin Michelle K. und ihres schwer verletzten Kollegen gefunden wurde.

Chronologie des Heilbronner Polizistinnenmords

April 2007: In Heilbronn wird eine 22 Jahre alte Polizistin erschossen. Ihr Kollege überlebt seine lebensgefährlichen Kopfverletzungen. Am Wagen wird das DNA-Material einer Unbekannten sichergestellt.

2007 bis 2009: Die Ermittler suchen nach einen Phantom. Gen-Spuren der angeblichen "Frau ohne Gesicht“ werden bei mehr als 35 Straftaten gefunden – darunter Morde und Einbrüche.

26. August 2008: Das ZDF strahlt eine Dokumentation über die "Frau ohne Gesicht“ aus.

25. Dezember 2008: Das Landeskriminalamt (LKA) in Stuttgart weist Spekulationen um verunreinigte Utensilien für die DNA-Analyse bei der Suche nach dem Heilbronner "Phantom“ zurück. 5. Januar 2009: Die ARD rollt die mysteriösen Straftaten, die auf das Konto der "Frau ohne Gesicht“ gehen sollen, in einer Sendung auf.

13. Januar 2009: Mit der höchsten Belohnung in der Geschichte von Baden-Württemberg will das Land die zähe Aufklärung vorantreiben: Die Belohnung wird auf 300 000 Euro verdoppelt.

11. Februar 2009: Das LKA übernimmt wegen Überlastung der Heilbronner Polizei die Ermittlungen in dem mysteriösen Fall.

27. März 2009: Leiter der Staatsanwaltschaft Heilbronn, Volker Link, räumt ein, dass die Gen-Spuren der "Frau ohne Gesicht“ beim Verpacken auf die Wattestäbchen gelangt waren. Anfang 2010: Die Polizei nimmt Kontakt zu 395 ehemaligen Gymnasiasten auf, die zur Zeit des Mordes in der Nähe des Tatortes ihren Abschluss gefeiert hatten. Neue Anhaltspunkte ergeben sich nicht.

7. November 2011: Das LKA teilt mit, dass die geraubten Pistolen der beiden Heilbronner Polizisten in einem ausgebrannten Wohnwagen bei Eisenach (Thüringen) entdeckt wurden. In dem Wohnwagen waren zuvor die Leichen von zwei Männern gefunden worden, die mit einem Banküberfall vom 4. November in Verbindung gebracht werden.

Mit Material von dpa und dapd