Im Prozess hat Jörg Kachelmann beharrlich geschwiegen. Nach seinem Freispruch meldet er sich jetzt zu Wort. Und macht seinem Zorn Luft.

Hamburg/Mannheim. Wettermoderator Jörg Kachelmann kämpft um seine Ehre. Nach dem Freispruch vom Vorwurf der Vergewaltigung will er nun auch die letzten Zweifel ausräumen. „Es gab keine Gewalt in meinem Leben“, betonte er in einem Interview mit der Wochenzeitung „Die Zeit“. Alle Berichte über seine angeblichen Grenzerkundungen und Grenzüberschreitungen müssten aus der Welt geschafft werden, forderte der 52-Jährige: „Zivil- und strafrechtlich werde ich versuchen, alle Leute zu belangen, die das behauptet haben.“

Im Internet seien die Vorwürfe dokumentiert, sagte Kachelmann. „Alles, was deutschen, schweizerischen und amerikanischen Anwälten einfällt, möchte ich in die Schlacht werfen.“ Er werde aber nicht aus Deutschland fliehen, obwohl er diesen Rat häufig höre. „Aber resignieren und auswandern, so weit bin ich noch nicht. Ich will was unternehmen.“

Der Wettermoderator kündigte zudem an, seine Erfahrungen aus dem Prozess in einem Buch aufzuarbeiten. „Es soll den Titel „Mannheim“ tragen, Mannheim als Sinnbild des Elends.“ Das Landgericht Mannheim hatte Kachelmann am Dienstag vergangener Woche nach mehr als 40 Verhandlungstagen vom Vorwurf der Vergewaltigung seiner Ex-Geliebten aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft und die Nebenklage haben inzwischen Revision beantragt.

Von der deutschen Justiz zeigte sich Kachelmann tief enttäuscht. In seinem Prozess habe er so viel Irrationalität kennengelernt, dass er den Glauben an die Justiz komplett verloren habe, „was den Großraum Mannheim angeht. Deswegen habe ich auch nicht unbedingt an einen Freispruch geglaubt“, sagte er im „Zeit“-Interview.

Aus diesem Grund sei auch der Rat seines Anwalts richtig gewesen, im Prozess zu schweigen. „Wieso hätte ich mit beteiligen sollen an diesem Schwachsinn?“, sagte Kachelmann. „Ich hätte an jedem Prozesstag hundertmal aufstehen und sagen müssen: „Das ist gelogen!““ Der Moderator gestand in dem Gespräch aber auch eigene Fehler ein. „Ich habe Frauen belogen und ihnen Räubergeschichten erzählt. Ich bin nicht stolz drauf.“ Dies rechtfertige jedoch nicht eine erfundene Vergewaltigungsgeschichte. „Das ist kriminell. Dafür gibt es keine Rechtfertigung.“

Sein Verhalten versuchte er mit dem Sorgerechtsstreit um seine beiden Söhne zu rechtfertigen. Beziehungskonflikte mit anderen Frauen hätten das Verfahren negativ beeinflussen können. Deswegen habe er sich nicht dazu entschließen können, die Beziehungen zu den Frauen „sauber zu beenden“, sagte Kachelmann. Die Erfahrungen im Prozess hätten ihm Recht gegeben. „Kolossal überrascht über die Dramen, die in Mannheim inszeniert wurden, war ich nicht.“

Die 132 Tage in Untersuchungshaft und die Zeit des Prozesses habe er zum Nachdenken genutzt. „Ich habe heute ein wunderbar geordnetes Berufs- und Privatleben. Ich weiß, was richtig und was falsch ist.“ Nach dem großen Medienecho gebe es keine Geheimnisse mehr über ihn, sagte er und zitierte die Liedzeile von Kris Kristofferson: „Freedom's just another word for nothing left to lose“ (Freiheit ist bloß ein anderes Wort dafür, dass man nicht mehr zu verlieren hat).“

Zornig und traurig mache ihn, dass der Prozess auch andere Menschen belaste. „Meine Frau steht jetzt unter dem Generalverdacht, nicht nur jung, sondern auch blöd zu sein. Die Leute blicken Miriam an und sagen sich: „Die Arme“.“ Die Wahrheit sei, dass er ohne ihre Intelligenz und ihre Entschlossenheit den Prozess nicht durchgestanden hätte. Auch für seine über 80 Jahre alte Mutter sei es schwer, ebenso wie für seine acht und elf Jahre alten Söhne. „Die Kinder wurden in die ganze Sache hineingezogen, das war furchtbar.“ (dpa)