Die Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes fürchtet eine fatale Signalwirkung. Wegen der Berichterstattung um den Prozess und die Vorverurteilung der Nebenklägerin in Teilen der Öffentlichkeit würden sich Opfer sexueller Gewalt in Zukunft noch weniger trauen, Anzeige zu erheben, teilte Geschäftsführerin Christa Stolle mit. "Selbst eine moralische Ächtung durch die Öffentlichkeit ist kaum noch vorhanden, wenn sich Prominente für beschuldigte Männer öffentlich einsetzen", kritisierte sie. Stolle wies darauf hin, in Deutschland würden nur fünf Prozent aller Sexualstraftaten angezeigt, das entspreche etwa 8000 Anzeigen jährlich. Fast die Hälfte der Vergewaltigungsfälle geschehe innerhalb einer Partnerschaft. Es sei sehr schwierig, diese Beziehungstaten nachzuweisen.

Kachelmanns Firma, der Wetterdienst Meteomedia, teilte mit, Kachelmann werde wieder voll einsteigen. Das Unternehmen freue sich "über den längst überfälligen Freispruch" seines Firmengründers, hieß es in einer Stellungnahme. "Jörg Kachelmann wird ab sofort seine Kraft wieder ganz der Meteomedia Gruppe widmen können." Dazu gehörten auch seine Kommentare zum Wettergeschehen in Medien wie Radio Basel, dem deutschen Sender Radio Primavera und Twitter. Auch seien zusätzliche öffentliche Auftritte in Zukunft nicht ausgeschlossen.

Die ARD erklärte, dass Kachelmann trotz seines Freispruchs vorerst nicht wieder das Wetter im Ersten ansagen wird. "Solange das Verfahren nicht endgültig abgeschlossen ist und ein Urteil Rechtskraft erlangt hat, sehen wir in dieser Angelegenheit keinen Entscheidungsbedarf", sagte eine Sprecherin.

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) kritisierte die Medien: "Die Unschuldsvermutung ist in Gefahr, wenn Medien ihr Urteil fällen, lange bevor Richter gesprochen haben", sagte die Ministerin der "Passauer Neuen Presse". Rechtsstaatliche Verfahren drohten ausgehebelt zu werden, wenn die Beweisaufnahme vom Gerichtssaal in Talkshows verlagert werde.