Nach der Pöbelei ist John Galliano, Stardesigner beim französischen Modehaus Dior, von seinem Arbeitgeber vorerst suspendiert worden.

Paris. Der britische Stardesigner John Galliano hat es in Paris mit der Polizei zu tun bekommen: Galliano sei beim Ausgehen im Szeneviertel Marais ausfallend geworden und habe „judenfeindliche Beschimpfungen“ ausgestoßen, hieß es am Freitag in der französischen Hauptstadt in Polizeikreisen. Obwohl der Modemacher diesen Vorwurf entschieden zurückwies, enthob das Traditionshaus Dior, bei dem Galliano Chefdesigner ist, ihn vorübergehend seines Postens.

Galliano sei am Donnerstagabend in einer angesagten Bar im Marais mit einem Paar in Streit geraten, sagten Polizeibeamte. Er habe neben den beiden Leuten an den Tischen vor der Bar gesessen, als es zu der Auseinandersetzung kam. Der französische Radiosender Europe 1 berichtete unter Berufung auf das Paar, der Modemacher habe zu ihnen gesagt: „Dreckiges Judengesicht, du solltest tot sein“ sowie „Verdammter asiatischer Bastard, ich bring dich um“.

Gallianos Anwalt sagte der Nachrichtenagentur AFP dagegen, der Designer sei „verbal angegriffen“ worden, und es habe einen Streit gegeben. „Zu keinem Zeitpunkt hat er aber derartige Beleidigungen geäußert.“ Sein Mandant weise den Vorwurf judenfeindlicher Äußerungen zurück, sagte Stéphane Zerbib. Es gebe Zeugen dafür, dass Galliano nichts Derartiges gesagt habe.

Das Modehaus Dior teilte „mit größter Entschiedenheit“ mit, dass es bei jedweden rassistischen oder antisemitischen Äußerungen oder Haltungen nicht die geringste Nachsicht üben wolle. Solange nicht geklärt sei, was sich an dem Abend tatsächlich abspielte, sei Galliano „von all seinen Pflichten“ bei Dior befreit.

Die Polizei hatte den 50 Jahre alten Briten nach dem Vorfall mit auf die Wache genommen und mehrere Stunden lang vernommen. Dabei stellte sie fest, dass er 1,1 Promille Alkohol im Blut hatte, wie es in Polizeikreisen hieß. Auf Anweisung der Staatsanwaltschaft kam Galliano danach wieder auf freien Fuß.

Das Berliner Modemagazin „Sleek“ berichtete auf seiner Internetseite, die Auseinandersetzung habe sich „weit weniger dramatisch“ zugetragen: Tatsächlich sei Galliano „ordentlich angetrunken“ gewesen, als er in der Szenebar „La Perle“ mit anderen Gästen anstoßen wollte, hieß es unter Berufung auf Zeugen des Vorfalls. Der für seine piratenartigen Outfits bekannte Modemacher sei aber eher „gut drauf“ gewesen und keineswegs aggressiv. Dennoch habe das Paar neben ihm nichts mit ihm zu tun haben wollen; die Frau und ihr Freund hätten zu Galliano gesagt: „Du bist hässlich, du bist widerlich, mach dich weg von hier.“ Daraufhin sei es zu einem deftigen Wortgefecht gekommen, und Galliano habe den Mann, der ihn mit einem Stuhl bedroht habe, als „Asiaten“ beschimpft.

Das Marais ist das jüdische Viertel von Paris und entwickelte sich in den vergangenen Jahren mehr und mehr zum angesagten Einkaufs- und Ausgehviertel. Es ist außerdem das Schwulen- und Lesbenviertel der Stadt. Galliano zeigt kommende Woche bei den Pariser Modeschauen seine eigene Kollektion; in der Modewoche stellt auch Dior seine neue Herbst- und Wintermode vor. Der Brite lebt seit 1993 in Paris und gilt als einer der prägendsten Designer der vergangenen Jahre.