Die Choleragefahr in Haiti ist nach Aussage eines Nothilfeexperten noch nicht gebannt. Die Opferzahlen seien real höher, als angegeben.

Würzburg. Die offiziellen Zahlen zu den Cholera-Toten in Haiti sind nach Einschätzung des Würzburger Tropenmediziners Joost Butenop "geschönt“. Wegen der Ende November geplanten Wahlen spreche die Regierung derzeit von 5.234 Fällen und 357 Toten, sagte Butenop am Mittwoch in Würzburg nach seiner Rückkehr aus Haiti. Die tatsächlichen Zahlen lägen allerdings weit höher. Der 40-jährige Arzt und Mitarbeiter des katholischen Missionsärztlichen Instituts in Würzburg war eine Woche lang im haitianischen Ort Léogâne, rund 40 Kilometer westlich der Hauptstadt Port-au-Prince, um die Caritas-Gesundheitszentren im Erdbebengebiet auf die Cholera vorzubereiten.

Haiti war im Januar von einem schweren Erdbeben erschüttert worden. Butenop hatte bei der großen Cholera-Epidemie 2008/2009 im afrikanischen Simbabwe die Hilfen der Caritas koordiniert. Dort erkrankten innerhalb eines Jahres knapp 100.000 Menschen, rund 4.000 starben.

Der Ausbruch der Durchfallerkrankung in Haiti sei zwar unter Kontrolle , die Gefahr aber noch längst nicht gebannt, sagte Butenop. Denn auch jetzt erkrankten „immer noch mehr Menschen“. Die Bewohner der Flüchtlingslager hätten Angst, aber keine genauen Vorstellungen von der Krankheit. Sollten sich dort Gerüchte über eine Epidemie verbreiten, könne es zu einer Massenpanik kommen. Aufklärung sei deshalb sehr wichtig. „Wir müssen den Mythos Cholera brechen“, sagte Butenop. Über die Lebensumstände der rund 20.000 Menschen in den Lagern zeigte sich der Arzt entsetzt. Die Latrinen seien unbenutzbar, Müll werde nicht entsorgt, sauberes Wasser gebe es nicht. Dies seien „beste Voraussetzungen“ für eine weitere Ausbreitung der Krankheit.

Cholera wird meist durch verunreinigtes Wasser oder Essen übertragen. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist zwar möglich, aber selten. Besonders anfällig sind unterernährte Menschen in dicht besiedelten Gebieten. Wegen des schnellen Flüssigkeitsverlustes kann es zum Tod durch Nierenversagen oder Herz-Kreislauf-Kollaps kommen. Cholera lässt sich aber relativ einfach mit Zucker-Salz-Lösungen und in schweren Fällen mit Infusionen behandeln. Sauberes Trinkwasser, funktionierende Sanitäranlagen und Hygieneaufklärung seien weiterhin die wichtigsten Bausteine gegen eine weitere Verbreitung der Cholera.