Die Krankenhäuser sind überlastet, in der Hauptstadt werden Quarantäne-Zonen eingerichtet. Sauberes Wasser hat höchste Priorität.

Port-au-Prince/Berlin. Die Gefahr ist noch nicht gebannt: Die Zahl der Cholera-Toten in Haiti ist auf mehr als 250 gestiegen. Doch die Hoffnung wächst, dass die Seuche gestoppt werden kann. Der Generaldirektor der Gesundheitsbehörde Haitis, Gabriel Thimote, sagte, die Zahl der Toten steige, aber die Rate der Neuerkrankungen gehe zurück. Etwa 3000 Krankheitsfälle seien bislang bekannt, meldete der Sender CNN unter Berufung auf das Gesundheitsministerium des krisengeschüttelten Inselstaats. Am Wochenende hatte die Krankheit die Hauptstadt Port-au-Prince erreicht, die Anfang des Jahres von einem verheerenden Erdbeben erschüttert wurde . Die dort bislang registrierten Kranken hatten sich allerdings nicht in der Stadt angesteckt, sondern stammten aus dem Infektionsgebiet im Department Artibonite 80 Kilometer nördlich von Port-au-Prince.

Noch könne die Hauptstadt sicher sein, zitierte CNN Imogen Wall, Sprecherin des Büros der Vereinten Nationen zur Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA). „Unser Reaktionssystem hat funktioniert, aber offenkundig ist das eine sehr besorgniserregende Entwicklung.“ Die Betroffenen seien isoliert worden und würden behandelt. In Port-au-Prince werde daran gearbeitet, die sanitären Bedingungen zu verbessern und Quarantäne-Zonen einzurichten. Nach Angaben Walls fehlt es an medizinischem Personal.

Immer mehr Menschen würden in Kliniken behandelt, anstatt zu Hause zu bleiben. Behördenvertreter hofften deshalb, dass sie die Situation kontrollieren und es eher schaffen können, eine großflächige Ausbreitung der Seuche zu stoppen.

Die Gefahr ist aber noch nicht vorbei. „Hier leben Menschen auf engstem Raum zusammen - unter hygienischen Bedingungen, die nicht so sind, wie sie sein sollten“, sagte Melanie Brooks, Sprecherin von CARE International - einer Organisation, die in Haiti arbeitet. „Die Menschen hier sind sehr anfällig für Infektionskrankheiten. Wenn das Port-au-Prince erreicht, wird befürchtet, dass es sich schnell verbreiten könnte.“ Hilfsorganisationen, die seit dem Erdbeben im Januar in dem bitterarmen Land sehr präsent sind, verteiltenTabletten für die Wasserreinigung und Seife. „So etwas einfaches wie ein Stück Seife kann Leben retten“, erläuterte Brooks.

Nach Angaben des örtlichen Büros der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vom Sonntag werden zwölf Zentren für die Behandlung von Cholera aufgebaut. Augenzeugen sagten, dass es Menschen in den betroffenen Regionen an sauberem Wasser fehle. Manche bettelten auf der Straße nach Getränken. „Ärzte ohne Grenzen“ und weitere Hilfsorganisationen bauten medizinische Einrichtungen aus, um dem Ansturm von Patienten Herr zu werden. Unklar blieb, wie die Krankheit auftauchen konnte, die in Haiti seit Jahrzehnten nicht mehr verbreitet war - zumal in einer Zeit, in der viele internationale Gesundheitsagenturen im Land sind.

In der Hauptstadt leben fast drei Millionen Menschen, sie bietet mit ihren riesigen Lagern für Erdbebenopfer eine ideale Brutstätte für Seuchen. Die Cholera geht mit Durchfall, Fieber und Erbrechen einher. Die meisten Menschen infizieren sich über Trinkwasser, das mit Fäkalien verschmutzt ist, oder über verunreinigte Lebensmittel. Die Behörden hatten vermutet, dass nach den Regenfällen der vergangenen Wochen Latrinen überliefen und das bakterienverseuchte Wasser in den Fluss Artibonite gelangte. Der erste Cholera-Fall war am vergangenen Dienstag aufgetreten. Mit Flugblättern und Radio-Durchsagen wurden die Menschen darüber informiert, wie sie sich schützen können und welche Symptome die Krankheit hat.

Aus den seit Januar bestehenden Obdachlosenlagern in Port-au-Prince mit ihren etwa 1,5 Millionen Bewohnern wurden zunächst keine Cholera-Fälle bekannt. Bei dem Erdbeben am 12. Januar waren in Port-au-Prince und in der Umgebung weit mehr als 220 000 Menschen getötetworden.