Bei dem verheerenden Erdbeben in Haiti ist mindestens ein deutsches Todesopfer zu beklagen. Die Identität des Opfers ist noch unbekannt.

Port-au-Prince. Weiterhin seien noch 30 Deutsche vermisst, sagte Außenminister Guido Westerwelle (FDP). Es sei nicht auszuschließen, dass darunter weitere Opfer zu beklagen seien. Der Außenminister sprach angesichts der Informationen aus der Botschaft und der fürchterlichen Bilder von einer „Katastrophe biblischen Ausmaßes“ und einer menschlichen „Tragödie“. Die Bundesregierung stockt ihre Erdbebenhilfe für Haiti um sechs Millionen auf 7,5 Millionen Euro auf. Dies gaben Westerwelle und Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) nach einer Sitzung des deutschen Krisenstabes in Berlin bekannt. Zuvor hatte die Bundesregierung bereits 1,5 Millionen Euro Hilfe bewilligt. Von den 7,5 Millionen Euro sind 2,5 Millionen Euro für Nahrungsmittel vorgesehen. Nach Niebels Angaben sollen die Lebensmittel durch das Welternährungsprogramm verteilt werden.

Westerwelle sagte, ein Vorausteam des Technischen Hilfswerkes bereite den Einsatz von zwei Wasseraufbereitungsanlagen vor, die 60.000 Menschen mit Trinkwasser versorgen können. Zugleich bereite Deutschland den Aufbau eines größeren mobilen Krankenhauses vor. Die deutsche Hilfe geschehe in enger Abstimmung mit den internationalen Partnern, sagte Westerwelle. Der Außenminister bedankte sich bei der deutschen Bevölkerung für die zahlreichen Spenden, auch aus der Wirtschaft „bemerkenswerte Hilfe“. Deutsche Pharmaunternehmen wollten kostenlos Medikamente zur Verfügung stellen.

Das Jahrhundertbeben in Haiti ist für die Vereinten Nationen die schlimmste Katastrophe ihrer Geschichte. „Was vor allem die logistischen Probleme angeht, sind wir noch nie mit einer solchen Lage konfrontiert worden“, sagte Elisabeth Byrs, Sprecherin vom UN-Koordinationsbüro für humanitäre Angelegenheiten (OCHA). „Wir erfahren keinerlei Unterstützung – vor allem nicht von staatlicher Seite." Dies stelle die Hilfsorganisationen vor nie zuvor gekannte Probleme.

Selbst beim Tsunami Ende 2004 in Asien mit mehr als 230.000 Toten habe man wenigstens die logistischen Probleme so nicht gehabt, sagte die Sprecherin. „Wir können auf keine staatliche Infrastruktur zurückgreifen und fangen praktisch bei Null an.“

Die internationale Hilfe für die verzweifelten Überlebenden lief bisher nur schleppend an. Ein Grund war die zerstörte Infrastruktur der zerstörten Hauptstadt Port-au-Prince, vor allem aber die ungenügende Kapazität des Flughafens der Trümmerstadt. Dort hat mittlerweile US-Militär die Luftkontrolle und Koordinierung der An- und Abflüge übernommen. Frankreich hatte sich darüber beschwert. Ein französisches Flugzeug mit einem Feldhospital und zehn Chirurgenteams keine Landeerlaubnis in Port-au-Prince bekommen, erklärte Entwicklungs-Staatssekretär Alain Joyandet dem französischen Auslandssender RFI. Die Verhandlungen mit den Amerikanern hätten bis Einbruch der Nacht gedauert und das Flugzeug habe nach Santo Domingo umgeleitet werden müssen.

Obwohl eine offizielle Opferzahlen immer noch nicht vorliegt, steigen die Schätzungen immer höher. Während die Behörden zunächst von mindestens 50.000 Menschen ausgingen, kursiert in der zerstörten Hauptstadt mittlerweile die Zahl von 140.000 Toten. Allein in einem Massengrab vor den Toren der Stadt seien bereits mehrere zehntausend Menschen beerdigt. Hunderttausende Haitianer wurden bei dem Beben der Stärke 7,0 zudem verletzt oder obdachlos. Weitgehend unbekannt sind zudem die Opferzahlen und Schäden in den Regionen außerhalb der Haupstadt, die ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen wurden.

Am Nachmittag hatte ein Nachbeben der Stärke 4,5 die Hauptstadt Port-au-Prince erschüttert und für Panik auf den Straßen gesorgt.