Während Mark Cavendish, der Greipel vorgezogen wurde, bei der Tour triumphiert, entspannt der Rostocker Sprinter mit seiner Familie am Meer.

Bourg-les-Valence. Andre Greipel ist ein Familienmensch. Bei Ehefrau Kristina und den Töchtern Anna Sophie und Luna Malou tankt er Kraft für den harten Alltag eines Radprofis. Dass er demnächst mit seinen drei Damen in den Urlaub an die Ostsee fährt, dürfte den erfolgreichsten Fahrer des Jahres dennoch stören. Greipel, der am Freitag 28 Jahre alt wird, würde sich viel lieber bei der Tour de France auf dem Rad schinden. Doch sein Team Columbia will das nicht . Bei dem schnellen Mann aus der Rostocker Südstadt hat sich deshalb ordentlich Frust aufgestaut. „Ich verfolge die Tour nicht so, wie man es vielleicht müsste“, sagt Greipel. „Ich schaue sie mir nicht jeden Tag im Fernsehen an.“ Greipels Problem ist offenbar, dass Columbia-Star Mark Cavendish keine Nebenbuhler duldet und der Brite in dem US-Team schon aus Gründen der besseren Vermarktung gesetzt ist. Cavendish ist ein Mann mit Ecken und Kanten, der auch abseits der Rennen für Schlagzeilen sorgt. Greipel ist der gegensätzliche Typ, seine Sprache sind Siege. Doch die ersehnte Nominierung für die Tour hat es dem in Hürth lebenden Mecklenburger nicht eingebracht. Stattdessen bestritt er Anfang Juli die Österreich-Rundfahrt und holte dort seine Saisonsiege 13 und 14. „Das war ganz gut aus dem untrainierten Zustand heraus“, sagt Greipel. So richtig ernst genommen habe er das Rennen aber nicht. Zu tief war der Tour-Frust. „Aber ich bin Profi. Ich werde eben dafür bezahlt, Rennen zu fahren. Egal wo.“

Dass sich nun Columbia offenbar schon mit Milram-Sprinter Gerald Ciolek verständigt haben soll, dürfte Greipel nicht gefallen haben. Der am Saisonende ohnehin vertragslose Sprinter wird bei Columbia mit ziemlicher Sicherheit kein neues Arbeitspapier unterschreiben.

Greipels Manager Olaf Albrecht zieht im Hintergrund die Fäden, um seinen Schützling lukrativ bei einem andere Team unterzubringen. Wohin es gehen soll, will Greipel nicht verraten. „Ich werde in einem Team fahren, bei dem ich die Tour bestreiten kann. Daran hat sich nichts geändert.“

Glaubt man belgischen Medienberichten, so ist der Wechsel zu Omega Pharma-Lotto bereits beschlossene Sache. Von Columbia bringt Greipel zudem Bert Grabsch und seinen Kumpel Marcel Sieberg als Anfahrer mit. Außerdem soll Robert Wagner, der derzeit bei Skil-Shimano fährt, ebenfalls ins neue Greipel-Team wechseln.

„Greipel ist unser Plan A. Wir haben Fahrer für Klassiker und für Rundfahrten, jetzt brauchen wir Greipel für die Sprints“, sagt Marc Coucke, Chef des Hauptsponsors Omega Pharma. „Die Verhandlungen mit Greipel machen Fortschritte, aber es kann immer etwas passieren.“

Die Belgier können Greipels Qualitäten gut gebrauchen, zumal sie in diesem Jahr erst mickrige drei Saisonsiege auf dem Konto haben. OPL will Erfolge, Greipel zur Tour. In der Wirtschaft nennt man so etwas eine Win-Win-Situation.