Belgier Schleck stürzte auf der “Hölle des Nordens“-Etappe schwer. Spanier Contador nimmt US-Star Armstrong 55 Sekunden ab.

Arenberg. Es war ein bitterer Tour-Tag für Lance Armstrong und ein schwerer Rückschlag zugleich. Glücksgefühle gab es hingegen für Alberto Contador und einen erneuten Triumph für Fabian Cancellara: Die „Hölle des Nordens“ hat ihren Tribut gefordert und die ersten Weichen im Gesamtklassement gestellt. Auf der wilden Hatz über die berüchtigten Kopfsteinpflaster-Passagen in Nordfrankreich schlug Titelverteidiger Contador seinem Intimfeind Armstrong überraschend ein Schnippchen und nahm dem Texaner bei der 97. Tour de France am Dienstag 55 Sekunden ab. „So ist der Sport“, meinte Armstrong. „Ich hatte in der Tat Pech, aber ich halte meinen Kopf oben und mache weiter.“

Während in Armstrongs RadioShack-Team Tristesse herrschte, jubelte der Norweger Thor Hushovd nach seinem siebten Tour-Etappenerfolg. „Für mich lief es heute perfekt. Ich war sehr motiviert, ich mag das Kopfsteinpflaster“, sagte Hushovd, der im Vorjahr die Punktewertung gewonnen hatte und nun wieder im Grünen Trikot unterwegs ist.

Unglücklich verlief die 3. Etappe für die deutsche Tour-Hoffnung Tony Martin. Der Eschborner zog sich bei einem Sturz viele Schürfwunden zu und rutschte im Klassement vom 3. auf den 21. Platz.

Zwiespältig war die Stimmung im dänischen Saxo-Bank-Team, obwohl sich Cancellara nur 24 Stunden nach der Bummelei durch Belgien das Gelbe Trikot zurückholte. Denn für seinen Leader Franck Schleck zerplatzte der Traum vom Tour-Podium auf den Pavés schmerzhaft: Der luxemburgische Meister stürzte schwer, brach sich das Schlüsselbein und wurde umgehend ins Krankenhaus gebracht. „Das war heute ein großer Tag für uns mit einem großen Wermutstropfen: Den Verlust von Franck Schleck“, sagte Cancellara über seinen „großen Freund“.

Nun baut die dänische Equipe ganz auf den Vorjahreszweiten Andy Schleck, der sensationell auf Rang sechs fuhr und seinen Rivalen Contador und Armstrong Zeit abnahm. „Wir können die Tour mit Andy gewinnen“, behauptete Cancellara.

Der Zeitfahr-Olympiasieger war auf dem Parcours durch Rübenfelder und vorbei an stillgelegten Zechen in der früheren Bergbauregion neben Sieger Hushovd der Mann des Tages. Der Gewinner des Prologs erreichte nach dem 213 Kilometer langen Teilstück von Belgien nach Frankreich zeitgleich mit dem Norweger das Ziel in Arenberg. Cancellara hatte vor knapp drei Monaten auf ähnlichem Parcours den Klassiker Paris-Roubaix gewonnen. Tageszweiter wurde der Brite Geraint Thomas vor Weltmeister Cadel Evans aus Australien.

Der Vorjahresfünfte Frank Schleck kam auf dem vierten Kopfsteinpflaster-Sektor zu Fall und blieb minutenlang im Graben liegen. Sein Traum vom Tour-Podium endete damit auf tragische Weise in der „Hölle des Nordens“. Auch der Eschborner Martin war in den Crash 26,7 Kilometer vor dem Ziel verwickelt und verlor schwer gezeichnet 2:25 Minuten.

Ebenfalls Pech hatte der bisherige Spitzenreiter Chavanel, der nach Defekten gleich zweimal sein Rad wechseln musste. „Ich hatte einen schönen Tag in Gelb – das ist das Leben. Bei mir lief nichts“, klagte der Franzose.

Erstmals war das um die Existenz ringende Milram-Team in einer Fluchtgruppe vertreten. Bereits elf Kilometer nach dem Start im belgischen Wanze löste sich Tour-Debütant Roger Kluge aus Cottbus mit sechs Mitstreitern vom Feld. Zwischenzeitlich hatten die Ausreißer einen Vorsprung von knapp fünf Minuten. Aber der Vorsprung schmolz, denn anders als am Vortag schalteten die Teamleader nicht den Schongang ein und ließen im entscheidenden Moment bei der Verfolgung keine Milde walten. Ergebnis: Die Kluge-Gruppe wurde auf dem vierten Kopfsteinpflaster-Sektor 30 Kilometer vor dem Ziel eingeholt.

Viele Fahrer waren gezeichnet von den Sturzserien der Vortage. Die Schleck-Brüder und Armstrong gingen bandagiert ins Rennen. Noch härter im Nehmen waren Tyler Farrar und Robert Gesink, die sich mit Frakturen über die Strecke quälten.