Polizeidirektor Roland Brauer über die Aktivitäten des Motorradklubs Gremium MC und des Bündnisses gegen Rechts

Stade/Wöhrden. Es war der 17. Juni dieses Jahres: Sebastian Stöber erhielt beim Zwangsversteigerungstermin vor dem Stader Amtsgericht den Zuschlag. Für 115 000 Euro ersteigerte der Tostedter die ehemalige Gaststätte "Zur Symphonie" in Wöhrden und stellt das Gebäude jetzt dem Motorradklub Gremium MC zur Verfügung. Im vergangenen Jahr trat Stöber für die NPD bei der Bundestagswahl an, Parteimitglied ist er allerdings nicht.

Dennoch bildete sich im Landkreis Stade auf Initiative des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) das "Aktionsbündnis gegen Rechts - Stade stellt sich quer".

Für morgen lädt der DGB alle Interessierten in das Stadtteilhaus "Bistro", Jorker Straße 4-6, in Stade ein. Dort soll das weitere Vorgehen des Bündnisses besprochen werden. Das Abendblatt sprach schon jetzt mit Stades Polizeidirektor Roland Brauer über Sebastian Stöber, Gremium MC und das Aktionsbündnis gegen Rechts.

Hamburger Abendblatt:

Herr Brauer, Sebastian Stöber konnte das Gebäude der ehemaligen Gaststätte "Zur Symphonie" ersteigern, obwohl er 2009 für die NPD bei der Bundestagswahl angetreten war. Haben die Sicherheitsbehörden geschlafen?

Roland Brauer:

Richtig ist, dass ich von meinen Mitarbeitern im ersten Quartal darauf hingewiesen wurde, dass der Motorradklub Gremium MC im Begriff ist, hier im Landkreis Stade ein so genanntes Chapter aufzubauen. Das bedeutet, dass der Klub auf der Suche nach einer geeigneten Immobilie war, die sich zum Klubhaus umfunktionieren lässt. In diesem Zusammenhang ist auch die "Symphonie" in Stade-Wöhrden als mögliches Objekt genannt worden. Für die Sicherheitsbehörden und somit auch für die Polizei Stade kam es dann sehr überraschend, dass der als Person mit rechtsextremen Hintergrund bekannte Sebastian Stöber die "Symphonie" ersteigerte und eben nicht der Präsident des Gremium MC.

Wie kam es überhaupt dazu, dass Stöber das Gebäude trotz seines bekanntermaßen rechten Hintergrundes ersteigern konnte?

Dazu muss man wissen, dass sich jeder zu einer Zwangsversteigerung begeben kann und im entscheidenden Moment den Zuschlag erhält, wenn er das höchste Gebot abgegeben hat. Vorherige Anmeldung oder personelle Erfassung gibt es bei einem Zwangsversteigerungstermin nicht.

Der DGB hat jetzt das "Aktionsbündnis gegen Rechts - Stade stellt sich quer" ins Leben gerufen. Teilen Sie persönlich die Angst vor einer möglichen Kooperation zwischen dem kriminalitätsnahen Gremium MC und der rechten Szene?

Ein klares Nein. Ich bin sowohl mit dem Präsidenten des Gremium MC als auch mit Herrn Stöber schon zweimal persönlich in Kontakt getreten. Herr Stöber tritt hier nicht als Rechtsextremer auf, sondern es geht allein um das Klubhaus des Gremium MC. Auch an seinem äußeren Erscheinungsbild kann man ihn deutlich als so genannten Prospect erkennen, einem Anwärter des Gremium MC. Natürlich kann ich nicht hinter die Stirn eines mir gegenübersitzenden Menschen gucken, so auch nicht hinter die Stirn von Herrn Stöber. Aufgrund der von mir geführten Gespräche und deckungsgleicher polizeilicher Erkenntnisse kann ich zum heutigen Zeitpunkt ausschließen, dass die "Symphonie" künftig als Hort von rechtsextremen Ideologien oder ähnlichem anzusehen sein wird.

Ist ein Aktionsbündnis gegen Rechts momentan denn überhaupt sinnvoll?

Aktivitäten eines Bündnisses gegen Rechts sind zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt nicht zielführend, um nicht zu sagen sie wären eher hinderlich. Zudem beobachte ich im Moment mit großer Besorgnis bereits Farbschmierereien und Vandalismusschäden im nahen Umfeld und an der "Symphonie" selber. Diese stammen von augenscheinlich fehlgeleiteten Personen, die vielleicht glauben, aufgrund irgendeiner höher stehenden Moral hier Straftaten begehen zu können. Und da sage ich ganz klar. Wir haben ein Gewaltmonopol im Staat. Das ist bei der Polizei verankert. Ich dulde auch in diesem Zusammenhang keine rechtsfreien Räume. Es gibt also keine Legitimation für Straftaten von Personen, die glauben, sie müssten hier gegen Rechtsextreme vorgehen.

Sie haben gerade das Gewaltmonopol angesprochen. Wie wird sich die Polizei künftig verhalten. Gibt es eine erhöhte Alarmbereitschaft rund um das Gebäude oder rund um Wöhrden?

Das ist in der Tat so, das ist aber auch kein Geheimnis. Ich habe bereits den Vertretern von Gremium MC signalisiert, dass wir natürlich ein gesteigertes Interesse an den Aktivitäten rund um die "Symphonie" haben. Wir werden die Kontrollintensität erhöhen. Gegebenenfalls würden wir auch auswärtige Polizeikräfte hinzuziehen, wenn es erforderlich ist, was im Moment nicht der Fall ist.

Was bedeutet es jetzt für den normalen Bürger, für die Anwohner beispielsweise? Müssen die wachsamer sein?

Gegen wachsame Bürger habe ich überhaupt nichts, im Gegenteil. Zivilcourage ist aller Orten angemahnt und gefordert. Von daher sind wir als Polizei immer dankbar, wenn wir Hinweise über auffällige Bewegungen im Umfeld bekommen und das beziehe ich jetzt nicht nur ausdrücklich auf die "Symphonie", das war allgemeingültig gesprochen. Sorgen der Nachbarn im Umfeld der "Symphonie" sind im Moment jedoch nicht angebracht, weil die Polizei die Kontrollen wie gesagt deutlich intensiviert hat, auch im räumlichen Umfeld zur "Symphonie". Somit ist Selbstjustiz genauso wenig angebracht wie eine übersteigerte Sorge, dass jetzt durch solche Nachbarn das eigene Hab und Gut gefährdet ist. Das können wir im Moment absolut ausschließen.