Teil 6 unserer Sommerserie “Ich liebe Lüneburg“ führt heute in einen außergewöhnlichen Friseursalon

Lüneburg. Ferenc Sander lebt und arbeitet in Lüneburg. Hier ist er auch geboren, vor mehr als 28 Jahren. "Ja, so etwas gibt's noch!", sagt er und lacht. Umgezogen ist er trotzdem schon öfter als andere in ihrem ganzen Leben - 16mal. Aber eben immer innerhalb der Stadt. Einmal allerdings hat er auch in Berlin gelebt - "der Liebe wegen". Aber nur kurz. "Ich komm' mit dem Schnack da nicht so zurecht", sagt Ferenc. "Norddeutsch gefällt mir da schon wesentlich besser."

Ferenc frisiert. Beim Lüneburger Kult-Friseur "Sculps" in der Roten Straße. Der Laden ist bekannt, neulich erst war ein Team eines Regional-Fernsehmagazins da, um den winzigen und urigen Friseursalon im Fifties-Style in der Serie "Kult-Friseure in Niedersachsen" vorzustellen. Auf 28 Quadratmetern häufen sich hier nostalgische Gegenstände - Frisierstühle, Kühlschrank und Telefon stammen aus längst vergangenen Tagen.

"Das ist eine andere Art von Laden", antwortet Ferenc auf die Frage, was ihm an seinem Arbeitsplatz so gefällt. "Hier kann jeder einfach so sein wie er möchte." Der Umgangston ist locker, Anrede per Sie gibt es hier nicht. Den Kunden gefällt das, sagt Ferenc. "Mein jüngster Kunde ist ein Jahr alt, mein ältester 92. Das wird schon seinen Grund haben, warum die aller hier her kommen." Wieder lacht Ferenc. Das tut er oft.

Und das ist wohl auch einer der Gründe, warum seine Kunden, von denen inzwischen viele zu Bekannten oder sogar Freunden wurden, ihm fast alles anvertrauen. "Dieser Job fördert das Allgemeinwissen", sagt Ferenc: "Ich weiß ziemlich oft Sachen, die andere nicht wissen." Auch wenn man manches gar nicht wissen wolle.

Dem jungen Friseur ist es besonders wichtig, individuell zu arbeiten. Oder, mit anderen Worten: "Andere zaubern dir immer den gleichen Scheiß auf den Kopf. Ich interessiere mich einfach für die Leute." Auch nach Feierabend macht Ferenc sich noch Gedanken über seine Kunden und deren Haare. "Das nervt auch manchmal", gibt er zu. Auf Partys gibt es für ihn oft nur ein Gesprächsthema: "Die kommen immer alle an und fragen: Was kann ich mit meinen Haaren machen?"

Lüneburg sei eben so klein, dass jeder jeden kenne. "Manchmal ist das ganz schön nervig", sagt Ferenc. Der 28-Jährige hat auch Seiten dieser Stadt kennengelernt, die weniger schön sind. Die ersten zwanzig Jahre seines Lebens hat er in Kaltenmoor gelebt. "Da hab ich viele Existenzen um mich herum scheitern sehen. Viele meiner Freunde haben sich das Leben genommen."

Ferenc sagt diese Sätze mit einer Ruhe, die zwar Tragik und Bedauern, aber trotzdem eine nüchterne Normalität ausdrücken. Als gehöre auch das zum Leben dazu. "Aber sonst ist Lüneburg voll geil", sagt er und hat schnell sein ansteckendes Lachen und seinen Optimismus wiedergefunden: "Auch wenn du aus Kaltenmoor kommst, kannst du trotzdem was erreichen!" Er habe eine tolle Freundin, einen tollen Job - und lebe in einer tollen Stadt, meint Ferenc und fragt:. "Was will man mehr?" Lüneburg, das ist für ihn eine kleine, verträumte Stadt, die viel Flair und eine interessante Historie hat.

"Das find ich toll", sagt Ferenc, der sich gern die alten Hinterhöfe in der Stadt anschaut. "Nicht nur alte Leute sollten eine Stadtführung machen - das kann ich jedem nur raten!" Jeder könne dabei etwas darüber erfahren, warum es hier alles ist, wie es ist.

Heute sei alles schön zentral und gut erreichbar, das Nachtleben abwechslungsreich. "Ich fühl mich hier pudelwohl", fasst Ferenc zusammen - und meint dabei die Stadt wie auch seinen Job. Wer Lust habe auf etwas Familiäres und Entspanntes, "der soll nach Lüneburg kommen." Und alle, die laut und richtig lange Party machen wollen, "die sollten halt nach Hamburg gehen."