Der vierte Teil unserer Sommerserie “Ich liebe Lüneburg“ führt in den Himmel über der alten Salzstadt

Lüneburg. Ein Stahlseil verbindet das Segelflugzeug mit einer elektrischen Seilwinde. Dann wird das Seil blitzschnell aufgewickelt - mit einem Ruck bewegt sich das Flugzeug auf die Winde zu, erreicht knapp Hundert Stundenkilometer und steigt in den Himmel. In 400 Metern Höhe klinkt das Seil aus und segelt langsam an einem kleinen Fallschirm Richtung Erde.

"Ohne Thermik ist das Flugzeug in vier Minuten wieder unten", sagt Iris Eberhard. "Wenn man aber von Wolke zu Wolke hangelt, kann man auch weite Strecken fliegen und bis zu 2000 Meter hoch."

Die 47-Jährige hat vor zehn Jahren auf dem Flugplatz ein zweites Zuhause gefunden. Ihr Mann wollte ursprünglich das Fliegen erlernen. Nach kurzer Zeit hatte sie genug vom Zuschauen, wollte selbst abheben.

Die Segelflugzeuge sind geräuschlos, sie dürfen jederzeit über der Stadt ihre Kreise ziehen. "Von oben kann man jeden einzelnen Menschen erkennen", sagt Eberhard, "und natürlich sieht man viele rote Dächer und die verschiedenen Grüntöne der Bäume und Sträucher. Als im Frühjahr darum herum der Raps geblüht hat, sah es richtig idyllisch aus."

1984 kam Iris Eberhard nach Lüneburg. Die gebürtige Cuxhavenerin tauschte die Nordsee gegen die Ilmenau, das Segelboot gegen ein Sozialpädagogik-Studium an der Universität Lüneburg. "Mir gefiel Lüneburg, weil man hier auf engem Raum alles hat, was man braucht; Kultur und Einkaufsmöglichkeiten aber auch viele Gaststätten und Grünflächen", sagt sie. Auch dass der Flugplatz in die Stadt eingebettet ist, schätzt sie besonders.

Für den filigranen Segelflieger hat sie sich entschieden, "weil das wirklich ursprüngliches Fliegen ist." Die Auseinandersetzung mit den Wetter- und Windverhältnissen sei Voraussetzung um starten zu können. Außerdem sei es ein echter Teamsport: Fünf Menschen braucht es, um ein Flugzeug zu positionieren und zu starten. Sechs Vereinsmaschinen stehen Iris Eberhard und den anderen Mitgliedern des Luftsportvereins Lüneburg (LVL) zur Verfügung.

Im Verein ist Iris Eberhard Jugendwartin, sie bringt Jugendlichen ab 14 Jahren am das Fliegen bei. Ihren zwölfjährigen Sohn will sie aber nicht drängen: "Ober den Flugschein macht, soll er selbst entscheiden."

Jedes Wochenende verbringt die Familie auf dem Flugplatz. In den Urlaub fahren sie nur in der flugfreien Zeit ab Oktober. "Im Winter warten wir die Flugzeuge und machen Theorieunterricht mit den Flugschülern", sagt Eberhard. Für den eigenen Flugschein hat sie sieben Jahre gebraucht. "Ich weiß nicht warum es bei mir so lange gedauert hat. Die Flugschüler benötigen im Schnitt nur zwei Jahre, ich hab eben etwas länger gebraucht", sagt sie.

Einen Zwischenfall in der Luft gab es in ihrer Laufbahn als Segelfliegerin noch nicht. Wenn der Auftrieb schwinde, müsse man sich eine geeignete Landefläche suchen und per Handy Helfer anrufen, die das Flugzeug abholen. "Einmal mussten mich die Vereinskollegen aus Hanstedt II in der Nähe von Uelzen abholen. Ich und das Flugzeug waren mitten in einem frischgesetzten Kartoffelacker gelandet", sagt Iris Eberhard und schmunzelt.