Protest: Auch am zweiten Tag des Krieges demonstrierten weltweit Hunderttausende. Vor der US-Botschaft in Berlin wurde eine Glocke aufgestellt

Athen/Rom/Berlin. Auch am gestrigen Freitag sind Hunderttausende Menschen auf der ganzen Welt aus Protest gegen den Irak-Krieg auf die Straßen gegangen. In Athen zogen am Freitag nach Polizeiangaben mindestens 150 000 Kriegsgegner durch die Innenstadt, in Rom versammelten sich rund 100 000 Menschen. Auch in Brüssel, Tokio und Melbourne waren Zehntausende unterwegs. In Deutschland flauten die Proteste dagegen leicht ab. In Athen sprachen die Veranstalter sogar von mehr als 300 000 Teilnehmern, die Menge zog vor die abgeriegelte US-Botschaft. Die Vertretung ist wegen der Kundgebungen geschlossen. Einigen Demonstranten gelang es trotz der strengen Sicherheitsvorkehrungen, zwei Brandsätze in den Garten des Botschaftsgebäudes zu werfen. In Rom verwandelten etwa 100 Bauern eine Demonstration spontan in einen Anti-Kriegsprotest. Rund 50 000 Menschen demonstrierten in Tokio, in Brüssel waren es rund 20 000. In Melbourne, der zweitgrößten Stadt Australiens, legten etwa 25 000 Menschen ihre Arbeit nieder, um gegen die Beteiligung australischer Soldaten am Irak-Krieg zu protestieren. Im Westjordanland und im Gazastreifen protestierten etwa 28 000 Palästinenser gegen den Irak-Krieg. In Deutschland gingen dagegen weit weniger Menschen auf die Straße als am Vortag. Vor allem Schüler versammelten sich zu Demonstrationen in Frankfurt am Main, Nürnberg, Mannheim und Halle. Insgesamt nahmen einige Zehntausend Menschen an den Aktionen teil. Allein in Nürnberg demonstrierten 8000 Schüler für den Frieden, in Halle und der Region Bonn waren es je 4000, in Düsseldorf 1500 Kriegsgegner. In Heidelberg protestierten rund 1000 Schüler vor dem Oberkommando des US-Heeres in Europa. Morgens hatte die Stuttgarter Polizei eine Sitzblockade mit 80 Kriegsgegnern vor dem Oberkommando der US-Streitkräfte friedlich aufgelöst. Die Antikriegskampagne Resist kündigte für die nächsten Tage "entschlossene und massenhafte Proteste durch zivilen Ungehorsam" an. Zehntausende Kurden werden zudem am Sonnabend in Frankfurt/Main zu einer Großdemonstration gegen den Krieg erwartet. Greenpeace-Aktivisten errichteten vor der US-Botschaft in Berlin ein 3,5 Meter hohes Friedenszeichen. Für jede Stunde, die der Krieg andauere, solle daran eine Kerze entzündet werden. Zudem stellten die Aktivisten eine ein Meter große Bronzeglocke auf, die für jede "Kriegsstunde" einmal geläutet werde. In der islamischen Welt entlud sich die Wut gegen die USA in teilweise sehr aggressiven Protesten. Bei Kundgebungen in Istanbul kam es zwischen Hunderten Polizisten und etwa 5000 Demonstranten zu gewaltsamen Auseinandersetzungen. Die Sicherheitskräfte setzten Schlagstöcke und Tränengas ein, um die Kundgebung aufzulösen. In der ägyptischen Hauptstadt Kairo eskalierte eine Anti-US-Kundgebung. Etwa 800 Demonstranten warfen Steine, die Polizei setzte Schlagstöcke ein. Mindestens vier Menschen wurden bei Demonstrationen im Jemen getötet. In der Hauptstadt Sanaa gingen nach dem Freitagsgebet mehrere zehntausend Menschen auf die Straße. Als die Demonstranten Richtung US-Botschaft zogen, ging die Polizei mit Tränengas und Wasserwerfern gegen sie vor. Nach Angaben der Sicherheitskräfte wurden dabei ein Polizist und drei Demonstranten getötet. Im kalifornischen San Francisco nahm die Polizei nach eigenen Angaben mehr als 1300 Demonstranten fest, die mit Sitzblockaden und Menschenketten gegen den Krieg protestiert hatten. In einer Kampagne des zivilen Ungehorsams hielten sich die Kriegsgegner an den Händen, um den Verkehr aufzuhalten, und riefen Parolen wie "Stoppt die Bombardements", "Kein Krieg für Öl" oder "Die Politik von Bush bringt Amerika in Gefahr und versetzt die Welt in Wut". Auch in mehreren anderen US-Städten versuchten die Demonstranten, den Verkehr mit ihren Protestaktionen aufzuhalten.