Verteidigungsminister Franz Josef Jung gerät wegen des Nato-Luftschlags in heftige Kritik und muss sich erklären.

Berlin. Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) gerät in die heftige Kritik der Parlamentarier, die von ihm deutlich mehr Informationen über die Bombardierung von zwei Tanklastzügen im afghanischen Kundus fordern.

Birgit Homburger, die FDP-Obfrau im Verteidigungsausschuss, warf der Bundesregierung vor, sich "wegzuducken". "Aus unserer Sicht informiert das Verteidigungsministerium völlig unzureichend", sagte sie dem Abendblatt und stellt gleichzeitig die Frage nach der Verantwortung von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). "Der hat die Federführung für den Afghanistan-Einsatz - das wird gerne übersehen -, und der ist auf Tauchstation. Und das kann nicht akzeptiert werden. Ich erwarte, dass sich Frank-Walter Steinmeier klipp und klar dazu äußert, was der Afghanistan-Einsatz bedeutet."

Zur Ruhe mahnte der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Eckard von Klaeden: "Ich appelliere, die Dinge nicht vorschnell zu beurteilen, sondern die Aufklärung des Sachverhalts abzuwarten." Für Winfried Nachtwei, Grünen-Obmann im Verteidigungsausschuss, hingegen grenzt "diese Art der Informationspolitik schon fast an Informationssperre". "Mit der Methode kann man das ohnehin schon geschrumpfte Vertrauen verspielen", sagte Nachtwei.

Auch der ehemalige Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU) forderte von seinem Parteikollegen Jung, dass es eine totale Offenlegung der Entscheidungsprozesse des Einsatzes von deutscher Seite geben müsse. "Innerhalb der nächsten 48 Stunden sollte der Verteidigungsausschuss des Bundestages eine detaillierte Analyse des Entscheidungsablaufs vorgelegt bekommen", sagte Rühe und fügte hinzu: "Für die Soldaten ist die Situation jetzt ganz schrecklich. Sie haben bisher die neue Strategie des neuen US-Befehlshabers McCrystal, Vertrauen in der Bevölkerung zu schaffen, durchgesetzt. Dass diese Strategie jetzt in eine Krise gerät, haben die Soldaten nicht verdient. Die Gefahr für die Soldaten vor Ort ist gestiegen."

Nach Ansicht von Birgit Homburger hilft es auch "nicht weiter, wenn der Bundesverteidigungsminister krampfhaft an der Formulierung 'Stabilisierungseinsatz' festhält". "Der beschönigt nur die Situation. Es ist kein Entwicklungshilfeeinsatz der Bundeswehr, sondern das sind Kampfhandlungen", sagt die FDP-Expertin. Das meint auch der Vorsitzende des Bundeswehrverbands, Ulrich Kirsch: "In Kundus und Umgebung herrscht Krieg. Die Soldaten stehen permanent im Gefecht. Die Taliban fordern sogenannte Kollateralschäden heraus."