Er soll das Bekennervideo des Zwickauer Trios gemacht haben. Jetzt sitzt Andre E. in U-Haft. Er versuchte vergeblich, sich zu tarnen.

Berlin/Karlsruhe. Ein weiterer mutmaßliche Helfer der Neonazi-Terroristen sitzt in Untersuchungshaft. Die Bundesanwaltschaft wirft Andre E. aus Sachsen unter anderem vor, ein Propagandavideo für die Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) produziert zu haben. Darin hatte sich das Trio, das wie E. in Zwickau wohnte, mit seinen zehn Morden gebrüstet. „Dieses Machwerk verhöhnt die Opfer der terroristischen Verbrechen der Gruppierung und zeigt ein unfassbares Ausmaß an Menschenverachtung“, sagte Generalbundesanwalt Harald Range. Damit ist der 32-jährige Andre E. neben der Hauptverdächtigen Beate Z. und dem mutmaßlichen Helfer Holger G. aus dem Raum Hannover der dritte Neonazi, der nach der Mordserie festgenommen wurde.

Als entscheidendes Indiz wertete der Haftrichter, dass von den Verdächtigten nur Andre E. als Inhaber einer Medienfirma die Fachkenntnis und die technischen Möglichkeiten hatte, den Film 2007 herzustellen. Darin brüstet sich das Neonazi-Trio Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Z. nicht nur mit den Morden an neun türkischstämmigen und griechischen Kleinunternehmern und einer Polizistin, sondern es ergeben sich auch Hinweise auf eine Verbindung des NSU zu zwei Sprengstoffanschlägen in Köln.

„Hinzu kommt, dass von dieser Firma eine Werbebroschüre in dem Haus in Zwickau sichergestellt wurde, das die Mitglieder der NSU zuletzt bewohnt hatten“, sagte Range. Als Produzent des Films müsse Andre E um die Verbrechen der NSU gewusst und deren Gesinnung geteilt haben.

Andre E. wird zudem der Volksverhetzung und der Beihilfe zur Billigung von Straftaten beschuldigt. „Die Verbreitung des Films ist geeignet, die Bevölkerung, namentlich unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger mit Migrationshintergrund, auf erhebliche Weise einzuschüchtern“, sagte Range. Das Werk missachte die Grundwerte der Gesellschaft und stelle das Lebensrecht von Minderheiten infrage.

Ob ein weiterer Propagandafilm geplant war, konnte die Bundesanwaltschaft nicht sagen. Eine zweite CD sei so stark zerstört, dass sie bislang nicht ausgewertet werden konnte. Dem Verdächtigen wird zudem vorgeworfen, seine Bahncard und die seiner Frau zwei NSU-Mitgliedern zur Verfügung gestellt zu haben. Dies wertet die Bundesanwaltschaft als Unterstützung der NSU mit dem Ziel, dass sie „weiterhin „verborgen agieren und rechtsextremistische Straftaten verüben“ konnte.

Im Rahmen der Festnahme von Andre E. wurden auch vier Wohnungen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen durchsucht, darunter auch zwei von Beschuldigten. Wie viele Helfer noch im Visier der Ermittler sind, wollte Range jedoch nicht sagen. Seine Behörde werde jedoch mit allen zur Verfügung stehen Kräften daran arbeiten, „um die Straftaten der Gruppierung, deren Struktur und mögliche weitere Unterstützer zu ermitteln“.

Schon seit Tagen kursierte der Name Andre E. im Zusammenhang mit der Zwickauer Terrorgruppe. Mitglieder der Elitetruppe GSG 9 spürten E. bei seinem Bruder im brandenburgischen Mühlenfließ (Landkreis Potsdam-Mittelmark) auf. Zwar wurde E. in Brandenburg festgenommen, doch seine Spur führt vor allem nach Sachsen. Nach Angaben der sächsischen Linke-Abgeordneten Kerstin Köditz soll der 32-Jährige zunächst in Johanngeorgenstadt gelebt und dort der rechten Gruppierung „Brigade Ost“ angehört haben. Später sei er mit seiner Ehefrau Susann E. nach Zwickau gezogen. Dort lebten auch die mutmaßlichen Neonazi-Mörder.

Eine Mitarbeiterin der Opferberatungsstelle RAA Sachsen sagte der Nachrichtenagentur dapd, dass E. zusammen mit seinem Bruder Maik und weiteren Anhängern in Johanngeorgenstadt die „ortsweite Nazi-Clique“ bildete. Maik E. wohnt mittlerweile in Brandenburg und ist beim dortigen Verfassungsschutz bekannt. Im Jahresbericht 2010 wird er als Leiter der Potsdamer NPD-Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten“ geführt.

Auf den Namen Andre E. sind im Internet mindestens zwei Domains angemeldet. Sowohl ae-onlineshop.de als auch caput-mortuum.de sind derzeit jedoch abgeschaltet. Bei der Anmeldung der Internetseiten hat der 32-Jährige nicht nur seinen Namen, sondern auch die Firma „AE-Montageservice“ angegeben. Medienberichten zufolge handelt es sich dabei um eine Firma für die Montage von Solarzellen.

Darüber hinaus soll E. auch die Firma „Aemedig“ betrieben haben, die sich auf die digitale Verarbeitung von Videos und Filmen spezialisiert hat. Ein Handzettel der Firma soll in den Trümmern des explodierten Wohnhauses der Terrorgruppe gefunden worden sein, berichtete der „Spiegel“.

Anwohner berichteten, dass in der vergangenen Woche häufiger Polizeiwagen in der Straße Streife fuhren, nachdem ein Fernsehteam das Haus belagert hatte. Andre E. soll daraufhin einen Aufkleber mit rechtsradikalen Aufschriften von seinem Auto entfernt haben. (dpa/dapd/abendblatt.de)