Westerwelle sieht die Flugverbotszone über Libyen skeptisch und setzt auf Sanktionen. Damit distanziert er sich von interationalen Verbündeten.

Hamburg/Berlin. Es ist eine heikle Situation für Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP): Wenige Monate nachdem Deutschland in den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen gewählt worden ist, hat sich die Bundesregierung in dem höchsten Uno-Gremium bei der Abstimmung über eine Flugverbotszone über Libyen der Stimme enthalten - und damit deutlich von ihren internationalen Verbündeten distanziert. In Deutschland stieß der Kurs der Regierung allerdings auf breite Zustimmung.

Westerwelle erklärte in Berlin, die Bundesregierung begrüße und unterstütze zwar die in der Resolution enthaltene "wesentliche Verschärfung" der internationalen Sanktionen gegen die Regierung von Libyens Machthaber Muammar al-Gaddafi. "Aber wir sehen die in der Resolution ebenfalls vorgesehene Option einer militärischen Intervention in Libyen weiterhin äußerst skeptisch", erklärte Westerwelle.

"Wir sehen hier erhebliche Gefahren und Risiken", fügte der Außenminister hinzu. "Deswegen können wir diesem Teil der Resolution nicht zustimmen. Deutsche Soldaten werden sich an einem militärischen Einsatz in Libyen nicht beteiligen." Westerwelle rief Gaddafi erneut auf, die Gewalt gegen sein eigenes Volk sofort zu beenden. Auch Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) verteidigte die Enthaltung Deutschlands. "Wir glauben, dass es sein kann, dass ein Bedarf nach Bodentruppen entsteht, wenn ein Luftschlag keinen Erfolg hat", sagte de Maizière. An einem solchen Krieg würde sich die Bundesrepublik nicht beteiligen. Es gebe andere schwere Menschenrechtsverletzungen in der Welt, bei denen nicht nach einem Regimewechsel durch Waffengewalt gefragt werde. "Deswegen raten wir, was die Instrumente angeht, zur Vorsicht."

Der Hamburger Friedensforscher Michael Brzoska begrüßte die Haltung der Bundesregierung. "Deutschland hat sich beim Bemühen um einen Platz im Sicherheitsrat immer für friedliche Konfliktlösungen starkgemacht und diesen Anspruch nun auch umgesetzt", sagte Brzoska dem Hamburger Abendblatt. Der Direktor des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg betonte, als Mitglied des Sicherheitsrats könne Deutschland nicht für einen Einsatz stimmen, an dem es sich nicht beteilige. Laut Brzoska habe sich Deutschland aber nun nicht nur von den USA, sondern auch von den drei anderen EU-Ländern im Sicherheitsrat - Großbritannien, Frankreich und Portugal - isoliert. "Diese Sonderstellung konterkariert die Bemühungen um eine gemeinsame europäische Sicherheitspolitik und könnte auch die deutsch-französische Achse schwächen", warnte der Experte.

Das sieht der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Werner Hoyer (FDP), nicht so. "Unsere Skepsis gegenüber einer militärischen Intervention in Libyen haben wir von Anfang an klargemacht, viele unserer Partner teilen sie", sagte Hoyer dem Abendblatt. "Auch diejenigen, die sich für ein internationales militärisches Eingreifen in Libyen entschieden haben, haben für unsere Haltung Respekt und Verständnis." Man teile das Ziel, dass Gaddafi den Bürgerkrieg gegen sein eigenes Volk sofort beende und abtrete. Die Bundesregierung werde "jenseits des militärischen Engagements" alle Möglichkeiten nutzen, damit das Blutvergießen in Libyen ende. "Deshalb wird die EU auch aufgrund unseres Engagements am Montag eine dritte Sanktionsrunde gegen Libyen beschließen." Sobald der Weg für einen demokratischen Neubeginn offen stehe, "wird Deutschland sich ebenso engagiert und entschlossen einbringen wie gegenwärtig schon in Tunesien und Ägypten".

Lob erntete die Regierung ausgerechnet aus den Reihen ihrer üblicherweise schärfsten Kritiker, der Linken. Der Linken-Abgeordnete Jan van Aken sprach in einer kurzfristig angesetzten Debatte im Bundestag von einer "sehr klugen, sehr konsequenten" Entscheidung der Bundesregierung. Die Grünen dagegen befürworteten den Beschluss des Uno-Sicherheitsrats zu einer Flugverbotszone über Libyen. Allerdings machte Fraktionschefin Renate Künast deutlich: "Da leidet es mitten durch die Grünen-Fraktion." Die Grünen-Politikerin stellte aber fest: "Wenn Gaddafi sein eigenes Volk beschießt, dann stehen wir in der Verantwortung, Menschenrechte zu verteidigen." Künast sagte, die Grünen übersähen aber nicht die Risiken. Eine Flugverbotszone ziehe weitere Schritte nach sich."Wir wissen am Ende alle, dass auch die Flugverbotszone umgesetzt werden muss und dass das ein schwieriger Weg ist."