Trotz besserer Leistungen haben Schüler im internationalen Vergleich noch Nachholbedarf. Im Lesen erreichen die Schüler nur Mittelfeld.

Berlin. Der PISA -Schock zehn Jahren hat Wirkung gezeigt. Während die deutschen Schüler bei der ersten internationalen Vergleichsstudie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) teils miserable Leistungen zeigten, schneiden die Jugendlichen in der gestern vorgestellten vierten Auflage deutlich besser ab. Im Lesen liegen sie zwar im internationalen Vergleich nach wie vor nur im Mittelfeld, in Mathe und Naturwissenschaften gehören sie aber schon zur erweiterten Spitze.

„Zehn Jahre PISA-Studie haben dem deutschen Bildungssystem gutgetan“, sagte Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU). Die Verbesserung der deutschen Schüler sei in erster Linie ein Verdienst der Lehrer und Schulen. Aber auch die Einstellung zu Leistung und Lernen habe sich geändert, es gebe deutlich weniger Schulabbrecher und Sitzenbleiber. Nun müsse darauf hingearbeitet werden, dass die guten Ergebnisse später auch in einen Beruf führten, sagte Schavan.

Doch trotz der positiven Entwicklung sieht sich das deutsche Bildungssystem weiterhin mit gravierenden Pro-blemen konfrontiert. Noch immer ermöglichen Schulen keine gleichen Chancen für alle. Bildungserfolge sind nach wie vor deutlich geprägt vom sozioökonomischen Hintergrund der Familien - und der Schulen. In keinem anderen Land hat ein sozial ungünstiges Schulumfeld einen derart starken Einfluss auf die Leistungen von Kindern aus sozial schwachen Familien.

Auch aus Sicht der Bildungsministerin muss daher noch mehr getan wer- den. Schavan schlug einen Drei-Punkte-Aktionsplan vor. Die Programme zur Leseförderung müssten weiterentwickelt werden. Nötig seien auch Bildungsketten bis zum Berufsabschluss und lokale Bildungsbündnisse um die Schulen herum.

Aus Sicht von Ludwig Spaenle (CSU), dem bayerischen Kultusminister und Präsidenten der Kultusminis-terkonferenz, hängt der weitere Erfolg des deutschen Bildungswesens vor allem von der Ausbildung der Lehrkräfte ab: „Noch immer regiert zu viel Zufall bei der Frage, wer an deutschen Hochschulen ein Lehramtsstudium anfängt“, sagte Spaenle dem Hamburger Abendblatt. Daher müsse Deutschland zum ei- nen klare Eignungskriterien definieren und eine systematische Beratung anbieten, bevor junge Menschen das Studium aufnehmen. „Zum anderen haben wir die Bedeutung von Praktika an den Schulen während des Studiums bisher unterschätzt“, betonte der Minister. Wichtig sei zudem, dass die Universitäten um die besten Lehramtsstudierenden in einen Wettbewerb treten.

Die neue PISA-Studie offenbart auch, dass Jungen weiter eine Problemgruppe bleiben. Ihre Leistungen liegen um 40 Punkte hinter denen gleichaltriger Mädchen. Das entspricht dem Lern- fortschritt eines Schuljahres. Auch Migrantenkinder schneiden weiter deutlich schlechter ab als ihre deutschen Mitschüler, holen aber auf. Ihr Rück- stand liegt bei 56 Punkten, vor zehn Jahren waren es noch 84 Punkte. „Wir brauchen Özils eben nicht nur beim Fußball. Wir müssen einfach gucken, dass wir auch Özils in den Klassen und Schulen fördern“, sagte Heino von Meyer, der Leiter des Berliner OECD Büros.