Kanzerlin Angela Merkel (CDU) kritisiert wegen der Dollarschwemme die USA und warnt vor Risiken. Experten: Deutscher Aufschwung ist stabil.

Berlin. Beim Weltfinanzgipfel der 20 führenden Industrienationen und Schwellenländer im südkoreanischen Seoul stehen die Zeichen auf Konfrontation. Unmittelbar vor ihrer Abreise hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die USA wegen der Dollarschwemme kritisiert und vor neuen Risiken für die Weltwirtschaft gewarnt. "Kein Mensch kann Interesse an neuen Blasen haben, sondern alle müssen sehen, dass das Wachstum diesmal in der Weltwirtschaft nachhaltiger und dauerhafter ist als das, was wir vor einigen Jahren erlebt haben", sagte Merkel, die von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) begleitet wird.

Hintergrund des Streits: Die US-Zentralbank wirft die Notenpresse an und pumpt über den Ankauf von Staatsanleihen 600 Milliarden Dollar in den Markt. Der Schritt, der die Konjunktur ankurbeln soll, war auch in Deutschland kritisiert worden, weil er Inflationsgefahren birgt. US-Präsident Barack Obama pochte dagegen in einem Brief an seine G20-Kollegen abermals auf verbindliche Hilfe beim Abbau des gewaltigen US-Handelsdefizits.

Merkel wiederum machte klar, dass die Ungleichgewichte in den Handelsbeziehungen auch etwas mit der Wettbewerbsfähigkeit von Produkten auf dem Weltmarkt zu tun hätten. "Quantifizierte Ziele wird Deutschland jedenfalls nicht mittragen", sagte sie und erteilte Zielkorridoren oder anderen messbaren Vorgaben für Handelsströme eine klare Absage.

Deutlich wie selten hat Merkel damit Obama attackiert - und gleichzeitig China gelobt. Das Land habe in Griechenland und Portugal gezeigt, dass es "Vertrauen in den Euro-Raum" habe, sagte sie. China habe ein "sehr starkes Interesse", ein positives Signal vom Gipfel auszusenden, und brauche nachhaltiges Wachstum. Merkel zeigte sich optimistisch, dass Deutschland seine zentralen Forderungen beim Gipfel in Seoul durchsetzt.

In die Verhandlungen geht die Kanzlerin aus einer neuen Position der Stärke. Denn die Chancen für einen stabilen Aufschwung in der Bundesrepublik stehen nach Ansicht der fünf Wirtschaftsweisen gut. Deutschland habe im Jahr 2010 "mit einer überdurchschnittlich starken Erholung den Weg aus der Krise gefunden", heißt es im Gutachten, das der Vorsitzende des Sachverständigenrats, der Wirtschaftsforscher Wolfgang Franz, der Kanzlerin übergab. Für dieses Jahr erwarten die Experten ein Wachstum von 3,7 Prozent, für 2011 rechnen sie mit 2,2 Prozent - und sind damit optimistischer als die Bundesregierung. Die Zahl der Arbeitslosen, die im Jahr 2010 bei durchschnittlich 3,2 Millionen liege, werde 2011 voraussichtlich auch im Schnitt unter drei Millionen fallen.

Um die Grundlage für einen dauerhaften Aufschwung zu legen, verlangen die "Weisen" allerdings eine Bildungsoffensive. Das allgemeine Bildungsniveau in Deutschland, "welches im internationalen Vergleich nur mittelmäßig abschneidet", müsse angehoben werden. Dazu müsse Chancengleichheit für Kinder und Jugendliche aus bildungsfernen Schichten hergestellt werden, die bei gleicher Intelligenz viel seltener einen höheren Abschluss erreichen als Kinder von Bildungsbürgern.

Auch in Hamburgs Wirtschaft ist die Erholung deutlich zu spüren, ergab eine Umfrage des Abendblatts in wichtigen Branchen. Zwar fällt das Wachstum in diesem Jahr nach Einschätzung des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts etwas geringer aus als im Bundesschnitt. 2011werde sich dies aber voraussichtlich umkehren.